Interne Meldestelle für KMU
In diesem Blogbeitrag beleuchten wir, welche Vorteile es auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) hat eine interne Meldestelle mit einem Hinweisgebersystem einzurichten – ganz unabhängig von der künftigen gesetzlichen Verpflichtung durch das neue Hinweisgeberschutzgesetz.
Während Großunternehmen bereits fast ausnahmslos ein Hinweisgebersystem eingerichtet haben, sind kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) diesbezüglich eher zögerlich. Letzteres wird sich jedoch demnächst ändern, denn das neue Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern, eine interne Meldestelle und somit ein Hinweisgebersystem einzurichten. Ab Ende 2023 gilt diese Verpflichtung auch für kleinere Unternehmen ab 50 Mitarbeitern.
Gründe für die zögerliche Einführung von Hinweisgebersystemen im Mittelstand
Aber was hält viele kleine und mittlere Unternehmen bisher davon ab ein Hinweisgebersystem einzuführen? Es gibt wohl drei wesentliche Gründe:
- Ein Hinweisgebersystem kostet Geld. Gerade kleine und mittlere Unternehmen sind meist sehr kostenbewusst. Und Aufwand fällt sowohl an für die technische Einrichtung und den Betrieb des Systems als auch für die Personen, die die eingehenden Meldungen zunächst auf Plausibilität prüfen und dann bearbeiten müssen.
- Der Nutzen eines Hinweisgebersystems wird nicht erkannt. Oft heißt es: „Bei uns kennt jeder jeden und wenn wir ein Problem haben, dann sprechen wir das offen und direkt an. Dafür brauchen wir doch kein System.“
- Man hat Angst vor falschen Hinweisen und vor einer Atmosphäre des Denunziantentums. Insbesondere anonymen Hinweisen wird mit großer Skepsis begegnet.
Warum Hinweisgebersysteme im Mittelstand sinnvoll sind
Betrachten wir die drei Gründe einmal näher:
- Die Kosten: Dass mit der Einführung eines Hinweisgebersystems zusätzliche Kosten auf ein Unternehmen zukommen, ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings haben viele Organisationen keinerlei Vorstellung, in welcher Höhe die Kosten für das technische System zur Hinweisabgabe anfallen werden. Hinzu kommt oft, dass es meist keine geeignete kompetente Person im Unternehmen gibt, die die eingehenden Hinweise bearbeiten kann und eine Neueinstellung allein für diese Aufgabe wäre aus ökonomischer Sicht in vielen Fällen nicht sinnvoll. Abhilfe kann dann die Fremdvergabe der internen Meldestelle mit dem Hinweisgebersystem sein einschließlich der Bearbeitung der eingehenden Meldungen. Ja, auch das kostet Geld, aber in der Regel deutlich weniger, als erwartet.
- Nach den Kosten nun zum Nutzen einer internen Meldestelle mit Hinweisgebersystem: Befragt man Unternehmen, die bereits Erfahrung haben mit dem Betrieb eines Systems, wovon sie am meisten profitieren, dann wird an erster Stelle genannt, dass man frühzeitig auf Fehlentwicklungen im Unternehmen aufmerksam wird. Nicht alle Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen sind bereit, Ihre Beobachtungen eines Fehlverhaltens dem Vorgesetzten zu berichten und schweigen stattdessen lieber. Man kennt sich und man möchte nicht als Störenfried erscheinen. Wenn aber Probleme nicht erkannt und thematisiert werden, werden sie auch nicht gelöst und der finanzielle Schaden und der Reputationsschaden wird immer größer. Falls es aber ein formales Hinweisgebersystem gibt, bei dem, wenn vom Whistleblower gewünscht, auch anonyme Meldungen abgegeben werden können, sinkt die Schwelle für die Hinweisabgabe deutlich und schadensbegrenzende Maßnahmen können frühzeitig eingeleitet werden. Ein weiterer Vorteil kommt hinzu: Fehlverhalten wird durch ein Hinweisgebersystem nicht nur früher aufgezeigt, es wird mitunter sogar verhindert. Das liegt daran, dass Meldungen über Fehlverhalten oft nicht nur den reinen Sachverhalt beinhalten, sondern auch den Namen der beschuldigten Personen. Sobald aber die Gefahr der Aufdeckung für potenzielle Täter steigt, erhöht sich die Hemmschwelle, Fehlverhalten überhaupt zu begehen.
- Ja, es kommt vor, dass Hinweise bewusst falsch abgegeben werden – aus welchen Gründen auch immer. Aber alle statistischen Auswertungen zu diesem Thema zeigen, dass dies nur ein sehr geringer Prozentsatz der abgegebenen Hinweise ist und dass die weit überwiegende Anzahl der Hinweise in gutem Glauben abgegeben werden. Das gilt ebenso für anonyme Hinweise!
Zusammenfassung
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass interne Meldestellen mit einem Hinweisgebersystem ein wichtiges und produktives Instrument sind, um Fehlverhalten im Unternehmen frühzeitig aufzudecken und den finanziellen Schaden und den Reputationsschaden zu minimieren. Das gilt sowohl für Großunternehmen als auch für kleine und mittlere Unternehmen. Hinzu kommt, dass im B2B-Bereich viele Großunternehmen von ihren mittelständischen Zulieferern bereits heute ein Compliance-Konzept mit einem Hinweisgebersystem erwarten.
Somit wird deutlich, dass auch für kleine und mittlere Unternehmen der Nutzen eines Hinweisgebersystems die anfallenden Kosten übersteigt, dass es also schon allein aus rein betriebswirtschaftlichen Überlegungen und auch zur Reputationssicherung Sinn macht. Das neue Hinweisgeberschutzgesetz, das die Einführung des Systems verbindlich regelt, wird somit dazu beitragen, einem auch für KMU sinnvollen Instrument schneller zum Durchbruch in der betrieblichen Praxis zu verhelfen.
Podcast WHISTLEpedia – jetzt anhören
Wenn Sie sich über dieses Thema weiter informieren möchten, hören Sie gerne unseren Podcast WHISTLEpedia. Er ist bei iTunes, Spotify oder direkt hier auf der Seite kostenlos hörbar.
Post by Stephan Rheinwald
Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen. [/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]