In diesem Blogbeitrag beleuchten wir, welche Vorteile es hat, ein Hinweisgebersystem im Mittelstand einzurichten – ganz unabhängig von der künftigen gesetzlichen Verpflichtung durch das neue Hinweisgeberschutzgesetz, das im Dezember 2021 in Kraft treten wird.
Während Großunternehmen bereits fast ausnahmslos ein Hinweisgebersystem eingerichtethaben, sind mittelständische und kleinere Unternehmen diesbezüglich eher zögerlich. Letzteres wird sich jedoch in diesem Jahr ändern, denn das neue Hinweisgeberschutzgesetz, das zurzeit in einem Referentenentwurf vorliegt und voraussichtlich am 17. Dezember 2021 in Deutschland in Kraft treten wird, verpflichtet Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern, eine interne Meldestelle und somit ein Hinweisgebersystem einzurichten. Ab Ende 2023 gilt diese Verpflichtung auch für kleinere Unternehmen ab 50 Mitarbeitern.
Gründe für die zögerliche Einführung eines Hinweisgebersystems im Mittelstand
Aber was hält viele mittelständische Unternehmenbisher davon ab ein Hinweisgebersystem einzuführen? Es gibt wohl drei wesentliche Gründe.
2. Der Nutzen eines Hinweisgebersystems wird nicht erkannt. Oft heißt es: „Bei uns kennt jeder jeden und wenn wir ein Problem haben, dann sprechen wir das offen und direkt an. Dafür brauchen wir doch kein System.
3. Man hat Angst vor falschen Hinweisen und vor einer Atmosphäre des Denunziantentums. Insbesondere anonymen Hinweisen wird mit großer Skepsis begegnet.
Warum ein Hinweisgebersystem im Mittelstand sinnvoll sind
Betrachten wir die drei Gründe einmal näher:
1. Die Kosten: Dass mit der Einführung eines Hinweisgebersystems zusätzliche Kosten auf ein Unternehmen zukommen, ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings haben viele Organisationen keinerlei Vorstellung, in welcher Höhe die Kosten für das technische System zur Hinweisabgabe anfallen werden. Hinzu kommt oft, dass es meist keine geeignete kompetente Person im Unternehmen gibt, die die eingehenden Hinweise bearbeiten kann und eine Neueinstellung allein für diese Aufgabe wäre aus ökonomischer Sicht nicht sinnvoll. Abhilfe kann hier die Fremdvergabe des Hinweisgebersystems einschließlich der Bearbeitung der Meldungen an einen erfahrenen Anbieter sein. Ja, auch das kostet Geld, aber in der Regel deutlich weniger, als erwartet.
2. Kommen wir nun zum Nutzen eines Hinweisgebersystems: Befragt man Unternehmen, die bereits Erfahrung haben mit dem Betrieb eines Systems, wovon sie am meisten profitieren, dann wird an erster Stelle genannt, dass man frühzeitig auf Fehlentwicklungen im Unternehmen aufmerksam wird. Nicht alle Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen gerade in mittelständischen Unternehmen sind bereit, Ihre Beobachtungen eines Fehlverhaltens dem Vorgesetzten zu berichten und schweigen lieber. Man kennt sich und man möchte nicht als Störenfried erscheinen. Wenn aber Probleme nicht erkannt werden, werden sie auch nicht gelöst und der finanzielle Schaden und der Reputationsschaden wird immer größer. Falls es aber ein formales Hinweisgebersystem gibt, bei dem, wenn vom Whistleblower gewünscht, auch anonyme Meldungen abgegeben werden können, sinkt die Schwelle für die Hinweisabgabe deutlich und schadensbegrenzende Maßnahmen können frühzeitig eingeleitet werden. Ein weiterer Vorteil kommt hinzu: Fehlverhalten wird durch ein Hinweisgebersystem nicht nur früher aufgezeigt, es wird mitunter sogar verhindert. Das liegt daran, dass Meldungen über Fehlverhalten oft nicht nur den reinen Sachverhalt beinhalten, sondern auch den Namen der beschuldigten Personen. Sobald aber die Gefahr der Aufdeckung für potenzielle Täter steigt, erhöht sich die Hemmschwelle, Fehlverhalten überhaupt zu begehen.
3. Ja, es kommt vor, dass Hinweise bewusst falsch abgegeben werden – aus welchen Gründen auch immer. Aber alle statistischen Auswertungen zu diesem Thema zeigen, dass dies nur ein sehr geringer Prozentsatz der abgegebenen Hinweise ist und dass die weit überwiegende Anzahl der Hinweise in gutem Glauben abgegeben werden. Das gilt übrigens auch für anonyme Hinweise!
Hinweisgebersystem im Mittelstand: Zusammenfassung
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Hinweisgebersysteme ein wichtiges und produktives Instrument sind, um Fehlverhalten im Unternehmen frühzeitig aufzudecken und den finanziellen Schaden und den Reputationsschaden zu minimieren. Das gilt sowohl für Großunternehmen als auch für mittelständische Unternehmen. Hinzu kommt, dass im B2B-Bereich viele Großunternehmen von ihren mittelständischen Zulieferern bereits heute ein Compliance-Konzept mit einem Hinweisgebersystem erwarten.
Somit wird deutlich, dass auch für mittelständische Unternehmen der Nutzen eines Hinweisgebersystems die Kosten übersteigt, dass es also allein aus rein betriebswirtschaftlichen Überlegungen und zur Reputationssicherung Sinn macht. Das neue Hinweisgeberschutzgesetz, das die Einführung des Systems verbindlich regelt, wird somit dazu beitragen, einem auch für den Mittelstand sinnvollen Instrument schneller zum Durchbruch in der betrieblichen Praxis zu verhelfen.
Podcast WHISTLEpedia – jetzt anhören
Wenn Sie sich über dieses Thema weiter informieren möchten, hören Sie gerne unseren Podcast WHISTLEpedia. Er ist bei iTunes, Spotify, Youtube oder direkt hier auf der Seite kostenlos hörbar.
Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
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