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Wozu Hinweisgebersysteme?

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing
15.02.22

Wozu brauche ich ein Hinweisgebersystem? Diese Frage stellen sich aktuell viele Unternehmen und Dienststellen. Gute Antworten gibt Dr. Michael Nuster, Gründer der Firma inecos in Wien.

Sehen Sie hier sein YouTube-Video:

Wozu Hinweisgebersysteme? Whistleblower Richtline und mehr – YouTube

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Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Gilt das Hinweisgeberschutzgesetz schon?

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Interne Meldestelle
01.02.22

Die EU Directive Whistleblowing ist in Kraft. Die Umsetzung in nationales Recht ist bisher nicht erfolgt. Welche Regelungen gelten denn nun? 

Während die EU Directive Whistleblowing seit 2019 in Kraft ist, ist die Umsetzung in nationales Recht in Deutschland bisher nicht erfolgt. Dies hätte eigentlich bis zum 17.12.2021 erfolgen müssen. Hieraus resultieren Rechtsunsicherheiten.

Der aktuelle Stand in Deutschland

Die große Koalition hat sich bis zum Ende der abgelaufenen Legislaturperiode nicht auf ein neues Hinweisgeberschutzgesetz einigen können. Eigentlich hätte die Umsetzung bis zum 17.12.2021 erfolgen müssen, dies gelang jedoch nicht. Zwar wurde vom SPD-geführten Justizministerium ein vieldiskutierter Referentenentwurf vorgelegt, nicht alle Passagen fanden jedoch die Zustimmung der CDU/ CSU.

Die neue Koalition hat sich im Koalitionsvertrag eindeutig zum Hinweisgeberschutz bekannt (Zitat):

„Wir setzen die EU-Whistleblower-Richtlinie rechtssicher und praktikabel um. Whistleblowerinnen und Whistleblower müssen nicht nur bei der Meldung von Verstößen gegen EU-Recht vor rechtlichen Nachteilen geschützt sein, sondern auch von erheblichen Verstößen gegen Vorschriften oder sonstigem erheblichen Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen wegen Repressalien gegen den Schädiger wollen wir verbessern und prüfen dafür Beratungs- und finanzielle Unterstützungsangebote.“

Es ist also nicht eine Frage des „ob“, sondern nur des „wann“, wann das neue Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft treten wird.

Wie ist die aktuelle rechtliche Situation zu beurteilen?

In der derzeitigen Situation stellt sich die Frage, ob zumindest Teile der EU Directive Whistleblowing in Deutschland unmittelbar gelten. Besonders wichtig ist die Frage, ob sich Hinweisgeber derzeit unmittelbar auf die EU-Richtlinie berufen können, wenn sie benachteiligt werden.

Europäische Richtlinien können nach Ablauf ihrer vorgegebenen Umsetzungsfrist – und dieser Fall ist ja jetzt eingetreten – auch ohne nationales Umsetzungsgesetz anwendbar sein. Dies gilt, wenn die Bestimmungen in der EU Directive so eindeutig sind, dass sie keiner weiteren Konkretisierung durch den nationalen Gesetzgeber bedürfen. Dann ist – jedenfalls im Verhältnis zwischen Bürger und Staat – von einer unmittelbaren Anwendbarkeit auszugehen, obwohl eigentlich nur die Mitgliedstaaten Adressaten der EU-Richtlinie sind. Betroffene Bürger können sich somit bei einschlägiger Verletzung ihrer Rechte gegenüber dem Staat auf die EU Directive berufen, auch wenn es keine Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht gegeben hat.

Stehen sich allerdings zwei private Parteien wie etwa Arbeitgeber und Arbeitnehmender gegenüber, so ist die unmittelbare Anwendbarkeit der EU-Richtlinie umstritten. Es spricht viel dafür, dass in diesem Fall der Pflicht für Unternehmen zur Einrichtung eines internen Meldekanals für Whistleblower gemäß der EU Directive Whistleblowing formal keine Direktwirkung zukommt, sich Betroffene/ Hinweisgeber vor Arbeitsgerichten aber bereits heute auf den durch die EU-Directive Whistleblowing normierten Schutz vor Repressalien berufen können. Dies gilt jedenfalls, soweit es in den Verfahren um Verstöße gegen EU-Recht geht.

Man kann eine gewisse Analogie zu den relativ neuen EUGH-Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung ziehen. Auch diese werden von Deutschen Arbeitsgerichten zur Grundlage ihrer Rechtsprechung gemacht, obwohl es weiterhin an einer nationalen gesetzlichen Umsetzung der Vorgaben fehlt.

Konsequenzen für Unternehmen und Dienststellen

In Anbetracht der Tatsache, dass das Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes in Deutschland mit großer Wahrscheinlichkeit in diesem Jahr erfolgen wird und der existierenden Rechtsunsicherheit über eine unmittelbare Wirkung der EU Directive kann Unternehmen angeraten werden, die Implementierung eines Hinweisgebersystems nicht länger hinauszuschieben. Dies gilt noch mehr für Dienststellen, da für diese bereits heute von einer unmittelbaren Anwendbarkeit auszugehen ist.

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Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Kündigung einer Hinweisgeberin

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Falluntersuchung/ Investigation, Hinweisgeberschutz
25.01.22

Eine Hinweisgeberin erhält von der Deutschen Bahn die Kündigung. Wie ist das Verhalten des Konzerns zu beurteilen?

Dass mit dem neuen Hinweisgeberschutzgesetz das Thema „Whistleblowing“ zunehmend in den Fokus des öffentlichen Interesses gerät, merkt man auch daran, dass die Anzahl der Medienberichte, die sich mit der Thematik befassen, steigt. Ein sehr interessantes Beispiel sind die Berichte der Financial Times und des Handelsblattes im November 2021 über die Kündigung einer Whistleblowerin durch die Deutsche Bahn.

Der Fall

Im Jahr 2016 hatten eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter der Deutschen Bahn einen Hinweis abgegeben, dass es im Zusammenhang mit dem Großprojekt Stuttgart 21 zu Korruption gekommen sei. Konkret warfen die Hinweisgeber laut Financial Times hochrangigen Managern überflüssige Aufträge vor und sie vermuteten, dass diese dafür Gegenleistungen erhalten hatten. Die Kosten von Stuttgart 21 werden mittlerweile auf über 8 Mrd. € geschätzt. Ursprünglich waren 2,5 Mrd. € veranschlagt

Der Hinweis ist von der Konzernsicherheit der Deutschen Bahn untersucht worden. Der Fall ist nicht an die Staatsanwaltschaft übergeben worden.

Die Hinweisgeberin ist nachfolgend gekündigt worden. Ein Arbeitsgericht in Stuttgart hat die Kündigung als rechtens beurteilt

Wie ist das Verhalten der Deutschen Bahn zu beurteilen?

Auf der Basis der aus der Presse zu entnehmenden Informationen ist das Verhalten der Deutschen Bahn nicht zu beanstanden.

Der Hinweis wurde aufgegriffen und es gab eine mehr als einjährige interne Untersuchung durch die Konzernsicherheit. Die Kündigung der Hinweisgeberin wurde durch das Arbeitsgericht Stuttgart bestätigt. Dieses konnte keinen Zusammenhang zwischen der Kündigung und der Hinweisabgabe feststellen.

Auch, dass die Deutsche Bahn den Fall nicht an die Staatsanwaltschaft übergeben hat, ist ohne weitere Kenntnisse nicht zu beanstanden. Erstens gibt es hierzu keine gesetzliche Verpflichtung und zweitens wäre diese Meldung ja substanzlos, falls die internen Untersuchungen den Hinweis nicht bestätigt haben.

Der Fall im Lichte des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes

Interessant ist eine Betrachtung des Falls im Lichte des im Referentenentwurf vorliegenden Hinweisgeberschutzgesetzes. Dort ist nämlich in § 35 (2) eine Beweislastumkehr vorgesehen. Wörtlich heißt es:

„Erleidet eine hinweisgebende Person nach einer Meldung oder Offenlegung eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit, so wir vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie ist. In diesem Fall hat die Person, die die hinweisgebende Person benachteiligt, zu beweisen, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basierte oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruht.“

Ob das Arbeitsgericht Stuttgart zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, falls das Gesetz zum Zeitpunkt des Urteils schon in Kraft gewesen wäre, kann hier natürlich nicht beurteilt werden. Sicher ist jedoch, dass es für Unternehmen deutlich schwerer werden wird Mitarbeiter zu sanktionieren, die einen Hinweis abgegeben haben.

In der weit überwiegenden Anzahl von Fällen ist es gut und richtig, dass Repressalien deutlich erschwert werden. Das ist ja gerade die Zielsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes.

Allerdings muss man auch das inhärente Missbrauchspotenzial der Beweislastumkehr zur Kenntnis nehmen. Eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter, die z.B. durch dauerhafte Schlechtleistung oder Nicht-Erscheinen am Arbeitsplatz von der Kündigung bedroht ist, kann durch Abgabe eines frei erfundenen Hinweises hohe Hürden für die Kündigung aufbauen. Daher ist, wenn das Hinweisgeberschutzgesetz in der vorliegenden Form verabschiedet werden sollte, allen Unternehmen und Dienststellen anzuraten, die Kündigungsgründe bzw. die Gründe für andere Sanktionen sehr genau zu dokumentieren, um sie in einem etwaigen Gerichtsprozess vortragen zu können.

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Post by Stephan Rheinwald

Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Whistleblowing – Hinweisgeberschutz und Datenschutz

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Meldestelle und Datenschutz
18.01.22

Die Vertraulichkeit der Identität hinweisgebender Personen einerseits und personenbezogene Daten andererseits: beide werden geschützt. Aber passt das überhaupt zusammen?

Grundsätzliche datenschutzrechtliche Überlegungen bei der Einführung eines Hinweisgebersystems

Schon lange ist darüber diskutiert worden, ob Hinweisgebersysteme mit dem geltenden Datenschutzrecht kompatibel sind. In letzterem gilt nämlich ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, d.h., dass personenbezogene Daten nur dann verarbeitet werden dürfen, wenn hierfür eine Rechtsgrundlage besteht.

So ist eine Verarbeitung u.a. dann rechtmäßig, wenn

  • eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt,
  • die Verarbeitung zur Vertragserfüllung notwendig ist,
  • die Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung notwendig ist ODER
  • wenn die Verarbeitung zur Wahrung des berechtigten Interesses des Datenverarbeiters oder eines Dritten notwendig ist – sofern nicht die berechtigten Interessen der betroffenen Person überwiegen.

Bisher wird als rechtliche Grundlage in der Regel das berechtigte Interesse des Unternehmens an der Kenntnis von Fehlverhalten angeführt. Durch die o.a. Einschränkung – sofern nicht die berechtigten Interessen der betroffenen Person überwiegen – verbleibt jedoch immer eine Rechtsunsicherheit.

Nach Einführung des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) wird die Rechtslage eindeutig sein. § 12 beinhaltet die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle. Nach § 10 sind Meldestellen zudem explizit befugt, personenbezogene Daten zu verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

Die Verarbeitung personenbezogener Daten in einem Hinweisgebersystem ist künftig also rechtlich verpflichtend und somit eindeutig rechtmäßig. Allerdings besteht die Informationspflicht gegenüber betroffenen Personen, also gegenüber den Personen, deren Daten im System verarbeitet werden, weiter. Näher zu betrachten bleibt somit weiterhin das Verhältnis von Vertraulichkeit des Hinweisgebers zu dieser Informationspflicht gegenüber den betroffenen Personen.

Das Vertraulichkeitsgebot im Hinweisgeberschutzgesetz

Einer der wichtigsten Punkte des im Referentenentwurf vorliegenden Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) ist das Vertraulichkeitsgebot in § 8. Hiernach muss die Vertraulichkeit der Identität der folgenden Personen gewahrt werden:

  • der hinweisgebenden Person
  • der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind und
  • der sonstigen in der Meldung genannten Personen.

Die Wahrung der Vertraulichkeit ist deshalb so wichtig, weil sich die hinweisgebende Person darauf verlassen können muss, dass ihr aus der Hinweisabgabe kein Schaden entsteht, in dem sie sich z.B. Anfeindungen durch die in der Meldung genannten Personen ausgesetzt sieht. Bestehen Zweifel an der Wahrung der Vertraulichkeit, wird einen Meldung mit hoher Wahrscheinlichkeit erst gar nicht abgegeben oder aber anonym.

Daher gibt es im HinSchG nur eng begrenzte Ausnahmen vom Vertraulichkeitsgebot. Die Identität der hinweisgebenden Person darf lt. § 9 weitergegeben werden

  • auf Verlangen von Strafverfolgungsbehörden,
  • auf Grund einer Anordnung in einem Verwaltungsverfahren oder einer gerichtlichen Entscheidung.

Informationspflicht nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)

In Art. 14 der DSGVO ist geregelt, dass eine betroffene Person – in diesem Zusammenhang insbesondere die Person, die Gegenstand einer Meldung ist – spätestens nach einem Monat über den Inhalt der Meldung und die Quelle der Daten zu informieren ist.

Diese Informationspflicht lt. DSGVO steht ganz offensichtlich im Widerspruch zum Vertraulichkeitsgebot des Hinweisgeberschutzgesetzes.

Dieser Konflikt wird jedoch größtenteils aufgelöst durch §29 Abs.1 des Bundesdatenschutzgesetzes:

Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 14 Absatz 1 bis 4 der Verordnung (EU) 679/2016 besteht ergänzend zu den in Artikel 14 Absatz 5 der Verordnung (EU) 679/2016 genannten Ausnahmen nicht, soweit durch ihre Erfüllung Informationen offenbart würden, die ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen.

Unter die im BDGS genannten berechtigten Interessen eines Dritten fällt das Interesse der hinweisgebenden Person an der Vertraulichkeit seiner Identität. Allerdings bleibt unklar, ob in jedem Einzelfall eine Interessenabwägung mit den Interessen des Betroffenen vorgenommen werden muss. Somit verbleiben Restzweifel, dass die Vertraulichkeit in jedem Fall gewährleistet werden kann. Ein dem Hinweisgeber zugesagter Schutz der Vertraulichkeit seiner Identität ist jedoch bei einer ggfs. vorzunehmenden Interessenabwägung zu berücksichtigen und erhöht das Schutzniveau des Hinweisgebers.

Im Falle bewusst oder grob fahrlässig falscher Meldungen auf Fehlverhalten entfällt selbstverständlich der Schutz der Vertraulichkeit des Hinweisgebers.

Datenlöschung

Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn sie für den jeweiligen Zweck nicht mehr erforderlich sind. Das gilt auch für die Daten in einem Hinweisgebersystem.

Ist eine Untersuchung vollständig abgeschlossen und werden die Daten nicht mehr für weitere rechtliche Schritte, wie z.B. ein gerichtliches Verfahren oder eine arbeitsrechtliche Kündigung, benötigt, sind sie innerhalb von zwei Monaten zu löschen.

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Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Hinweisgebersysteme im Konzern

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Interne Meldestelle, Meldekanäle
07.12.21

Sehr kontrovers wird aktuell diskutiert, wie Hinweisgebersysteme im Konzern im Einklang mit der EU-Directive auszugestalten sind. Es reicht nicht, wenn in einem Konzern mit Tochtergesellschaften nur ein Hinweisgebersystem bei der Konzernmutter eingerichtet wird. Daraus ergeben sich nun aber einige praktische Fragestellungen.

Lesen Sie hierzu den Beitrag von Geert Vermeulen:
European Commission: each legal entity must have its own whistleblower procedure – De Integriteitscoördinator (deintegriteitscoordinator.nl)

 

Post by Stephan Rheinwald

Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Whistleblowing und Hinweisgebersysteme im Koalitionsvertrag 2021 – 2025

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Interne Meldestelle, Meldestelle und Datenschutz
30.11.21

Der Koalitionsvertrag 2021 – 2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und den Freien Demokraten (FDP) thematisiert im Kapitel Unternehmensrecht explizit das Thema Whistleblowing:

Wir setzen die EU-Whistleblower-Richtlinie rechtssicher und praktikabel um. Whistleblowerinnen und Whistleblower müssen nicht nur bei der Meldung von Verstößen gegen EU-Recht vor rechtlichen Nachteilen geschützt sein, sondern auch von erheblichen Verstößen gegen Vorschriften oder sonstigem erheblichen Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen wegen Repressalien gegen den Schädiger wollen wir verbessern und prüfen dafür Beratungs- und finanzielle Unterstützungsangebote.

Entschieden ist hiermit, dass es ein Hinweisgeberschutzgesetz in Deutschland geben wird. Positiv ist auch, dass der Hinweisgeberschutz nicht nur bei Meldungen gegen Verstöße gegen EU-Recht gelten wird. Unklar ist noch, ob es zu Änderungen am bereits vorliegenden Referentenentwurf kommen wird. Der Hinweis auf die Bereitstellung von Beratungs- und finanziellen Unterstützungsangeboten für Personen, die Repressalien nach einer Hinweisabgabe erlitten haben, deutet darauf hin. Wann genau das Gesetz in Kraft treten wird bleibt offen. Die existierende Frist seitens der EU (17.12.2021) und die durch die Erwähnung im Koalitionsvertrag signalisierte Bedeutung des Themas für die neue Koalition lässt einen Termin im 1. Halbjahr 2022 wahrscheinlich erscheinen.

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Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Hinweisgebersystem – Stichhaltigkeitsprüfung eingegangener Meldungen

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Folgemaßnahmen und Meldestelle, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Interne Meldestelle
23.11.21

Bei dem Hinweisgebersystem müssen eingegangene Meldungen auf ihre Stichhaltigkeit geprüft werden. Was heißt das genau?

Verfahren bei internen Meldungen

Das im Referentenentwurf vorliegende neue Hinweisgeberschutzgesetz regelt in § 17 was die interne Meldestelle zu tun hat, wenn eine Meldung eingegangen ist:

  • Eingangsbestätigung an die hinweisgebende Person nach spätestens sieben Tagen
  • Kontakt mit der hinweisgebenden Person
  • Stichhaltigkeitsprüfung eingegangener Meldungen
  • erforderlichenfalls Bitte an die hinweisgebende Person um weitere Informationen
  • Folgemaßnahmen

Stichhaltigkeitsprüfung eingegangener Meldungen

Im angesprochenen Referentenentwurf ist die Stichhaltigkeitsprüfung eingegangener Meldungen also verbindlich vorgeschrieben. Was der Gesetzgeber aber genau hierunter versteht, wird im Gesetz nicht erläutert.

In der Praxis besteht die Stichhaltigkeitsprüfung aus mehreren Schritten. Am Anfang steht die „Substanzprüfung“. In dieser Phase wird ermittelt, ob der Hinweis genügend Substanz aufweist, um weiterführende Ermittlungen sinnvoll erscheinen zu lassen. Ein Beispiel: „Es könnte sein, dass in unserem Unternehmen jemand bestochen worden ist.“ Enthält der Hinweis keine weiteren Informationen, reicht die Substanz nicht aus, um das angesprochene potenzielle Fehlverhalten zu konkretisieren. Technisch gesprochen wird der Hinweis nicht zu einem Fall.

Danach muss der Hinweis auf Plausibilität geprüft werden. Mit anderen Worten: Können die übermittelten Informationen grundsätzlich überhaupt stimmen? Auch hier ein Beispiel: „Herr Müller hat vorgestern im Materiallager mehrere Druckerpatronen gestohlen“. Stellt sich heraus, dass Herr Müller seit einer Woche krankgeschrieben ist und das Werksgelände nicht betreten hat, so ist der Hinweis nicht stichhaltig.

Zusammenfassung

Wenn ein Hinweis auf Fehlverhalten im Unternehmen oder der Dienststelle zu wenig Substanz hat oder unplausibel ist, wird er die Stichhaltigkeitsprüfung nicht bestehen. Dann ist im Einklang mit § 18 des Hinweisgeberschutzgesetzes das Verfahren abzuschließen. Falls die Stichhaltigkeitsprüfung jedoch bestanden wird, wird aus dem Hinweis ein Fall, der gegebenenfalls detaillierte forensische Untersuchungen erforderlich macht und abschließend die Umsetzung konkreter Maßnahmen, die verhindern sollen, dass ein gleiches oder ähnlich gelagertes Fehlverhalten künftig noch einmal vorkommen kann.

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Post by Stephan Rheinwald

Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Was ist ein Hinweisgebersystem?

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Folgemaßnahmen und Meldestelle, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Interne Meldestelle, Meldekanäle
16.11.21

Erlangt eine Person Kenntnis von einem Missstand im Unternehmen, ist diese nicht selten ratlos, an welche Stelle sie sich wenden kann, um den Hinweis abzugeben. Abhilfe sollen Hinweisgebersysteme schaffen, durch die es Hinweisgebern – dies sind meist Mitarbeiter, Geschäftspartner oder Lieferanten – ermöglicht wird, Hinweise über beobachtete Missstände oder Regelverstöße zu melden.

Meldekanal

Ist ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin im Unternehmen oder der Dienststelle auf Fehlverhalten aufmerksam geworden, stellt sich die Frage, ob – und wenn ja – wie dies gemeldet werden soll. Das ist ja für die allermeisten Personen kein täglicher Vorgang, in dem meisten Fällen kommen Unsicherheit und Nervosität ins Spiel. Das vom Unternehmen oder der Dienststelle eingerichtete Hinweisgebersystem dient dann als vertraulicher Kommunikationskanal, um das Melden von möglichen Straftaten oder Ethikverstößen zu gewährleisten. Somit fördert es Fehlverhalten frühzeitig zu erkennen und entgegenwirkende Maßnahmen zu ergreifen, bevor es zu negativen Konsequenzen kommt.

Wird also ein Missstand entdeckt, kann sich der Hinweisgeber an das Hinweisgebersystem wenden. Dabei sollte er bzw. sie sich überlegen, auf welche Art und Weise der Hinweis übermittelt werden soll. Hierfür stehen unterschiedliche Meldekanäle bereit. Der Hinweis kann mündlich, also persönlich, sowie telefonisch, postalisch oder digital abgegeben werden. Die digitale Abgabe ist durch einen von der Organisation im Intranet oder Internet eingerichteten Meldekanal möglich.

Unabhängig vom gewählten Meldekanal (Ausnahme: persönliche Hinweisabgabe) muss der Hinweisgeber die Entscheidung treffen, ob er anonym bleiben möchte oder nicht.

Hinweisgebersystem

Auch muss das Unternehmen oder die Dienststelle im Vorfeld festlegen, wer der Empfänger der eingehenden Hinweise ist. Das im Referentenentwurf vorliegende neue Hinweisgeberschutzgesetz sieht hierfür die Bezeichnung „Interne Meldestelle“ vor. Diese kann vom Unternehmen selbst betrieben werden oder von einem erfahrenen externen Dienstleister übernommen werden. Allerdings kann der Hinweis auch an eine der staatlichen externen Meldestellen abgegeben werden. Die meisten Unternehmen und Dienststellen werden jedoch großes Interesse daran haben, dass die Hinweise bei der internen Meldestelle und nicht bei der staatlichen externen Meldestelle eingehen. Daher muss die Möglichkeit der Hinweisabgabe innerhalb des Unternehmens professionell kommuniziert werden.

Wird die interne Meldestelle selbst betrieben, muss das Unternehmen oder die Dienststelle sicherstellen, dass nur Personen mit der Aufgabe betraut werden, die ein entsprechendes Qualifikationsprofil ausweisen.

Hinweisbearbeitung

Nachdem der Hinweis bei der internen Meldestelle eingegangen ist, werden die im Hinweis enthaltenen Informationen dort auf Plausibilität und Stichhaltigkeit überprüft. Der gesamte Prozess der Hinweisbearbeitung erfolgt unter Einhaltung größtmöglicher Vertraulichkeit. Da Hinweise auch falsch sein können, gilt für beschuldigte Personen die Unschuldsvermutung, bis der Verstoß tatsächlich nachgewiesen ist.

Besonders wichtig ist es, dass aus den Untersuchungsergebnissen Maßnahmen abgeleitet werden und implementiert werden, so dass ein gleich oder ähnlich gelagertes Fehlverhalten künftig möglichst nicht wieder vorkommen kann.

Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Whistleblowing – Anonym oder nicht?

Veröffentlicht in Folgemaßnahmen und Meldestelle, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme im Compliance Management
09.11.21

„Soll ich den Hinweis auf Fehlverhalten anonym abgeben oder nicht?“ Das ist die vielleicht wichtigste Frage, vor der eine hinweisgebende Person steht.

Anonym oder nicht-anonym? Das ist die „Gretchen-Frage“ für Whistleblower. Beide Optionen haben für hinweisgebende Personen große Vor-, aber auch Nachteile.

Vorteile, Hinweise anonym abzugeben

Anonyme Hinweisabgabe hat aus Sicht der hinweisgebenden Person einen großen Vorteil: mein Name wird nicht bekannt, weder bei der beschuldigten Person noch allgemein im Unternehmen oder der Dienststelle.

Folglich erspare ich mir unangenehme Begegnungen mit den Personen, von denen ich glaube, dass sie Fehlverhalten begangen haben. Auch wird kein Kollege und keine Kollegin meine Hinweisabgabe als Denunziation einschätzen. Und das Wichtigste: Ich bin mit Sicherheit keinen Repressalien ausgesetzt, niemand wird mir beruflich oder privat schaden.

Das alles sind gewichtige Punkte, denn es ist ja leider kein Einzelfall, dass Whistleblower Repressalien ausgesetzt sind. Um genau dies zu verhindern, wird demnächst im Einklang mit einer bereits verabschiedeten EU-Directive in Deutschland ein Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet werden, das anonyme Hinweisabgabe erlaubt und Repressalien gegen Hinweisgeber sanktioniert.

Nachteile der anonymen Hinweisabgabe

Whistleblowing erfordert Mut und sollte belohnt werden. Das geht aber natürlich nur, wenn die Identität der hinweisgebenden Person bekannt ist. Dabei geht es nicht in erster Linie um finanzielle Belohnungen – ein Aspekt, über den man sehr kontrovers diskutieren kann. Unstreitig aber dürfte wohl sein, dass ein redlicher Whistleblower Dank und Anerkennung erwarten darf, schließlich hat er bzw. sie auf Missstände aufmerksam gemacht und so finanziellen Schaden oder Reputationsverlust vermieden oder zumindest verringert.

Wird Dank und Anerkennung in geeigneter Form öffentlich ausgesprochen, ist das das stärkste Signal, das ein Unternehmen oder eine Dienststelle senden kann, um zu zeigen: Wir schätzen die Hinweisabgabe, wir verstehen sie als positives Instrument zur Fehlervermeidung und Schadensminimierung. So kann es gelingen, Whistleblowing aus der vermeintlichen Schmuddelecke herauszubekommen und positiv zu konnotieren. Das ist die beste Voraussetzung dafür, dass dann nachfolgend weitere mitarbeitende Personen den Mut zur Hinweisabgabe finden werden, sobald ein Missstand entdeckt wird.

Ein weiterer Nachteil anonymer Hinweisabgabe ist es, dass es dann den Personen, die mit der Bearbeitung der eingegangenen Hinweise betraut sind, nicht möglich ist, mit dem Whistleblower Kontakt aufzunehmen und Nachfragen zu stellen. Diese sind in der Praxis zur Aufklärung des Sachverhalts manchmal unverzichtbar.

Abhilfe schaffen hierfür spezielle webbasierte Systeme oder das Auslagern der Hinweisannahme an einen externen Dienstleister. Im letzteren Fall kann die hinweisgebende Person ihre Identität dem Dienstleister offenbaren, der sie jedoch nicht an das Unternehmen bzw. die Dienststelle weitergibt.

Nicht-anonyme Hinweisabgabe: Die Abwägung

Während es für das Unternehmen oder die Dienststelle eigentlich nur Vorteile hat, wenn Hinweise nicht-anonym abgegeben werden, ist die Situation aus Sicht des Whistleblowers deutlich schwieriger einzuschätzen. Vorteile sind eine etwaige Belobigung sowie das Wissen, auf Nachfragen antworten zu können und somit alles zur Fallaufklärung beigetragen zu haben. Nachteilig ist das Risiko von Repressalien.

Somit wird klar, dass sich eine hinweisgebende Person nur dann für eine nicht-anonyme Hinweisabgabe entscheiden wird, wenn sie darauf vertraut, dass ihr nachfolgend keine Nachteile entstehen werden.

Konsequenzen für Unternehmen und Dienststellen 

Ist es einer Organisation wichtig, dass Hinweise auf Fehlverhalten tendenziell nicht-anonym abgegeben werden, muss sie eine Kultur schaffen, in der Whistleblowing geschätzt wird. Dies kann erreicht werden z.B. durch entsprechende Aussagen der Leitungsebene der Organisation in den internen Medien oder auf internen Konferenzen und Tagungen. All das funktioniert aber nur, wenn die Mitarbeitenden der Leitungsebene wirklich vertrauen, wenn sie das sichere Gefühl haben, dass ihnen keine persönlichen Nachteile entstehen werden.

In diesem Sinne ist jede bewusst nicht-anonym abgegebene Meldung ein Vertrauensbeweis und ein großes Kompliment für das Top-Management. 

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Gute Whistleblower, böse Whistleblower!

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Interne Meldestelle, Meldekanäle, Meldestelle und Datenschutz
02.11.21

Nicht alle hinweisgebenden Personen sind gleich. Vom integren Whistleblower, der uneigennützig auf Fehlverhalten hinweist bis hin zu bewusst falschen Meldungen: Auch wenn statistisch gesehen die weit überwiegende Anzahl der Hinweise in gutem Glauben abgegeben werden, alles kommt vor! Wie kann ein Unternehmen oder eine Dienststelle mit dieser Situation umgehen?

Geht ein offener oder anonymer Hinweis bei der internen Meldestelle ein, ist zunächst unklar, ob auf Fehlverhalten hingewiesen werden soll oder ob der Whistleblower eine ganz eigene Agenda verfolgt. Es ist die erste Hauptaufgabe der nachfolgenden internen Untersuchung herauszufinden, ob der Hinweis wirklich stichhaltig ist. Ein wesentlicher Einflussfaktor dabei ist die Frage nach der Motivation des Whistleblowers. Dieser Aspekt soll nachfolgend näher betrachtet werden.

Auf Fehlverhalten aufmerksam machen

Wie sieht der Idealfall einer Hinweisabgabe und der nachfolgenden Hinweisbearbeitung aus?

Ein integrer Mitarbeiter oder eine integre Mitarbeiterin erkennen compliancerelevantes Fehlverhalten im Unternehmen bzw. der Dienststelle. Er bzw. sie wendet sich persönlich an den Vorgesetzten und weist uneigennützig auf das Fehlverhalten hin. Dieser ergreift daraufhin umgehen alle erforderlichen korrektiven Maßnahmen.

So verstanden wird ein Hinweisgebersystem zu einem Instrument der Fehlerfrüherkennung und Produktivitätssteigerung. Voraussetzung hierfür ist aber eine entsprechende Unternehmenskultur, in der Hinweise geschätzt und nicht als Denunziantentum abgetan werden.

Leider fällt nicht jeder in gutem Glauben abgegebene Hinweis auf derart fruchtbaren Boden. Das kann dann entweder daran liegen, dass die entsprechende Unternehmenskultur nicht vorhanden ist, dass die Kompetenz im Umgang mit Hinweisen nicht vorhanden ist oder dass Personen in die Hinweisbearbeitung involviert sind, die durch den Hinweis selbst belastet werden und folglich an der Aufklärung keinerlei Interesse haben. Im schlimmsten Fall werden sie dem Whistleblower sogar schaden.

Um dies zu verhindern, wird demnächst im Einklang mit einer bereits verabschiedeten EU-Directive in Deutschland ein Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet werden, das anonyme Hinweisabgabe erlaubt und Repressalien gegen Hinweisgeber sanktioniert.

Ein bekanntes Beispiel für einen integren Hinweisgeber in einer nicht-integren Organisation stellt Pav Gill in der Wirecard AG dar, dessen Fall wir in unseren Blogs bereits mehrmals thematisiert haben.

Eigene Vorteile sichern

Etwas anders stellt sich die Situation dar, wenn die hinweisgebende Person zutreffend auf Fehlverhalten im Unternehmen bzw. der Dienststelle hinweist, aber dies nicht uneigennützig tut, sondern einen materiellen Vorteil, z.B. in Form von Geld oder eines beruflichen Aufstiegs erwartet.

In diesem Fall muss seitens der Organisation die schwierige Entscheidung getroffen werden, ob auf die Forderungen eingegangen werden soll. Einflussfaktoren auf diese Entscheidung sind die Höhe des durch die Hinweisabgabe künftig vermeidbaren Schadens, das Ausmaß des Schadens, den der Whistleblower gegebenenfalls erlitten hat, sowie die Überlegung, ob man einen Präzedenzfall schaffen oder im Gegenteil vermeiden will.

Beispielhaft hierfür sei an dieser Stelle der Fall Inan Koc erwähnt, eines ehemaligen Vertriebsleiters mehrerer Vodafone-Partnershops, über den im September 2021 der Spiegel berichtete. Koc informierte Vodafone über Fraud in den Partnershops sowie über Sicherheitslücken in den konzerneigenen IT-Systemen. Koc verlangte von Vodafone 900t Euro netto sowie eine Beratertätigkeit. Vodafone bot Koc 200t Euro an, dieser lehnte ab. Seitdem streitet man sich vor Gericht. 

Anderen Schaden

Zum Glück kommt selten der Fall vor, dass die hinweisgebende Person unlauter handelt und bewusst einen falschen Hinweis abgibt, um einer dritten Person zu schaden. Die Motive hierfür können vielfältig sein: Ein privater Konflikt, eine berufliche Konkurrenzsituation oder auch der Versuch, von eigenem Fehlverhalten abzulenken.

Das Unternehmen oder die Dienststelle muss unmissverständlich klarstellen, dass eine bewusst falsche Hinweisabgabe ein schwerwiegendes Fehlverhalten darstellt und dementsprechend sanktioniert wird. In diesem Sinne ist in § 37 des Referentenentwurfs zum Hinweisgeberschutzgesetz geregelt, dass die hinweisgebende Person zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen entstanden ist.

Eine weitere Konsequenz des Vorkommens falscher Hinweise ist es, dass die in einer Meldung beschuldigte Person bis zum Beweis der Richtigkeit der Meldung als unschuldig zu betrachten ist.

Konsequenzen für Unternehmen und Dienststellen

Die allermeisten Hinweise auf Fehlverhalten werden in lauterer Absicht abgegeben und helfen, Schaden zu begrenzen und künftigen Schaden zu vermeiden. Aber es kommt eben auch vor, dass eine hinweisgebende Person bewusst eine Falschmeldung abgibt oder dass materielle Interessen der Hauptgrund für die Hinweisabgabe sind.

Daher muss das Unternehmen oder die Dienststelle bis zum Beweis des Gegenteils für beschuldigte Personen die Unschuldsvermutung gelten lassen, deutlich kommunizieren, dass eine bewusst falsche Meldung sanktioniert wird und im Fall materieller Interessen der hinweisgebenden Person im Einzelfall entscheiden, wie auf die entsprechenden Forderungen eingegangen werden soll. 

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Post by Stephan Rheinwald

Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.