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Interne Meldestelle und Verbände

Veröffentlicht in Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Hinweisgebersysteme im Compliance Management, Interne Meldestelle
21.11.23

Können Verbände ihre Mitgliedsunternehmen bei der Einrichtung und beim Betrieb der internen Meldestelle sinnvoll unterstützen?

Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten sind laut Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet eine interne Meldestelle einzurichten. Diese Meldestelle bietet einen offenkundigen Nutzen: Fehlverhalten in der Organisation wird früher erkannt. Somit kann früher gegengesteuert werden und potenzielle Schäden können verhindert oder zumindest minimiert werden. Andererseits gilt aber auch: Die Einrichtung und der Betrieb der internen Meldestelle kosten Zeit und Geld.

Daher ist es gut, dass der Gesetzgeber in § 14 des Hinweisgeberschutzgesetzes folgende Option eröffnet hat:

„Mehrere private Beschäftigungsgeber mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten können für die Entgegennahme von Meldungen und für die weiteren nach diesem Gesetz vorgesehenen Maßnahmen eine gemeinsame Stelle einrichten und betreiben. Die Pflicht, Maßnahmen zu ergreifen, um den Verstoß abzustellen, und die Pflicht zur Rückmeldung an die hinweisgebende Person verbleiben bei dem einzelnen Beschäftigungsgeber.“

Hierdurch wird es also möglich, dass sich mehrere Unternehmen mit weniger als je 250 beschäftigten Mitarbeitenden zusammentun und eine gemeinsame interne Meldestelle aufbauen und betreiben. Die technischen Voraussetzungen müssen also nur einmal geschaffen werden, was zu niedrigeren Kosten führen wird.

Die gemeinsame interne Meldestelle kann man sich konkret wie folgt vorstellen:

  1. Es wird mit Hilfe eines Dienstleisters ein gemeinsamer digitaler Meldekanal aufgesetzt.
  2. Alle beteiligten Unternehmen erhalten den Link, der zu diesem Meldekanal führt.
  3. Jedes Unternehmen kommuniziert einzeln intern diesen Link in geeigneter Form an seine Beschäftigten und – falls gewünscht – an Externe.
  4. Die eingehenden Hinweise werden unter Beachtung der Vertraulichkeit vom Dienstleister gesichtet und plausibilisiert. Der Dienstleister gibt dem betroffenen Unternehmen Feedback und eine Handlungsempfehlung.
  5. Das Unternehmen ergreift geeignete Maßnahmen, um den Verstoß abzustellen und gibt der hinweisgebenden Person (soweit möglich) in geeigneter Form eine Rückmeldung.

Es ist offensichtlich, dass durch eine gemeinsame interne Meldestelle Synergien geschaffen werden, die zu Kosteneinsparungen führen, die der Dienstleister an die Unternehmen weitergeben wird.

Aber was kann in diesem Zusammenhang die Rolle von Verbänden sein? Konkret gedacht werden kann hier an eine Initiative zur Einrichtung einer derartigen gemeinsamen internen Meldestelle für die Mitgliedsunternehmen des Verbandes. Die Unternehmen müssen dann nicht selbst zueinander finden, sondern der Verband kann seine Mitgliedsunternehmen ansprechen und fragen, ob sie sich an diesem Modell beteiligen wollen. Darüber hinaus kann der Verband mit dem Dienstleister auch einen Rahmenvertrag verhandeln, dem die interessierten Unternehmen dann nur noch beitreten müssen.

Verbände können auf diese Weise ohne viel Aufwand einen spürbaren Mehrwert für ihre Mitgliedsunternehmen schaffen. Für alle Beteiligten entsteht somit eine „Win-Win-Situation“.

Die Thematik „Hinweisgeberschutzgesetz und Verbände“ ist auch Gegenstand eines Interviews, das Stephan Rheinwald, Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH, dem Verbändereport gegeben hat. Sie finden unter diesem Link.

 

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Post by Stephan Rheinwald

Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Externe Meldestellen und externe Meldungen

Veröffentlicht in Externe Meldestelle, Hinweisgebersysteme, Hinweisgebersysteme im Compliance Management
21.09.23

Heute beschäftigen wir uns mit dem Thema „Externe Meldestelle“ und „Externe Meldungen“. Denn neben den internen Meldestellen regelt das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) auch den Aufbau und Betrieb externer Meldestellen.

Personen, die beabsichtigen, Informationen über einen Verstoß zu melden, können wählen, ob sie sich an eine interne Meldestelle oder eine externe Meldestelle wenden. Wenn einem intern gemeldeten Verstoß nicht abgeholfen wurde, bleibt es der hinweisgebenden Person unbenommen, sich an eine externe Meldestelle zu wenden.

Grundsätzlich wird es künftig mehrere externe Meldestellen geben. Dazu gehört zunächst eine externe Meldestelle auf Bundesebene, die beim Bundesamt für Justiz eingerichtet wird. Darüber hinaus kann auch jedes Bundesland eine externe Meldestelle einrichten. Dort können Meldungen eingehen, die die Dienststellen des jeweiligen Bundeslandes betreffen. Weiterhin ist es vorgesehen, dass bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine fachspezifische Meldestelle eingerichtet wird. Letztere ist z.B. zuständig für Meldungen von Verstößen gegen das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz. Das Bundeskartellamt ist zuständige externe Meldestelle für Meldungen von Informationen über Verstöße gegen Vorschriften der Europäischen Union über den Wettbewerb. Zusätzlich richtet der Bund eine weitere externe Meldestelle für Meldungen ein, die die externe Meldestelle des Bundes selbst betreffen.

Die Aufgaben der externen Meldestellen sind mit denen der internen Meldestellen zu vergleichen. Die externe Meldestelle betreibt die Meldekanäle, über die die Meldungen von Whistleblowern abgegeben werden können. Außerdem überprüft die externe Meldestelle die Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldungen. In ihren Aufgabenbereich fällt darüber hinaus das Ergreifen von Folgemaßnahmen. Externe Meldestellen sind zudem dazu verpflichtet auf der Website umfangreiche Informationen über Abhilfemöglichkeiten sowie über den Hinweisgeberschutz bereitzustellen. Dabei informieren die externen Meldestellen insbesondere auch über die Möglichkeit einer internen Meldung.

Die externen Meldestellen arbeiten unabhängig und getrennt von den internen Meldestellen. Das Personal einer internen Meldestelle ist gemäß des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) dazu verpflichtet, geschult zu werden. Im Hinblick auf die externen Meldestellen verhält sich das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) nicht anders. So ist auch das Personal einer externen Meldestelle zu einer regelmäßigen Schulung verpflichtet. Nicht zuletzt darf das Personal einer externen Meldestelle weitere Aufgaben wahrnehmen, solange ein Interessenkonflikt sicher ausgeschlossen ist.

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) sieht eine Berichtspflicht der externen Meldestellen vor. Es folgt jährlich ein öffentlich zugänglicher Bericht, der zusammengefasst und in anonymisierter Form über die eingegangenen Meldungen Auskunft gibt. Im Detail berichtet die externe Meldestelle über die Anzahl der eingegangenen Meldungen, die Anzahl der internen Untersuchungen, die Anzahl der Fälle, die Ermittlungen einer Staatsanwaltschaft oder ein gerichtliches Verfahren zur Folge hatte und die Anzahl der Abgaben an eine andere zuständige Stelle.

Im Folgenden gehen wir genauer auf das Thema „externe Meldungen“ ein.

Die externen Meldekanäle müssen Meldungen in mündlicher und in Textform ermöglichen. Zudem muss eine persönliche Zusammenkunft mit der hinweisgebenden Person und den zuständigen Personen der externen Meldestelle möglich sein.

Das Verfahren zur Bearbeitung einer externen Meldung ähnelt dem einer internen Meldung. Laut des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) hat die externe Meldestelle den Eingang einer Meldung umgehend, spätestens nach 7 Tagen zu bestätigen. Sie prüft die Stichhaltigkeit der Meldung und ergreift Folgemaßnahmen. Außerdem ist die externe Meldestelle dazu verpflichtet, der hinweisgebenden Person eine Rückmeldung nach spätestens 3 Monaten zu erteilen. In Fällen, in denen die Bearbeitung umfangreicher ist, sollte eine Rückmeldung der externen Meldestellen spätestens nach 6 Monaten erfolgt sein. Die externe Meldestelle hat auch anonym eingehende Meldungen zu bearbeiten. Dafür sind Meldekanäle vorzuhalten, welche die anonyme Kontaktaufnahme und die für die hinweisgebende Person anonyme Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und externer Meldestelle ermöglichen.

Auch den Umgang mit Meldungen in externen Meldestellen regelt das Hinweisgeberschutzgesetz eindeutig. Sobald ein Hinweis in einer externen Meldestelle eingegangen ist, kann die externe Meldestelle im Rahmen von Stichhaltigkeitsprüfungen Auskünfte von den betroffenen natürlichen Personen, den Unternehmen, von Dritten und von der Behörde verlangen. Die externen Meldestellen können Folgemaßnahmen ergreifen. Sie können beispielsweise betroffene Unternehmen und Dienststellen kontaktieren, den Whistleblower an eine andere zuständige Stelle verweisen und das Verfahren abschließen oder gegebenenfalls an eine zuständige Behörde zwecks weiterer Untersuchungen abgeben. Weiter regelt das Gesetz in § 30 explizit, dass die externen Meldestellen mit sonstigen für die Aufklärung, Verhütung und Verfolgung von Verstößen im Anwendungsbereich dieses Gesetzes zuständigen öffentlichen Stellen zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterstützen.

Abschließend beschreibt das Hinweisgeberschutzgesetz den Abschluss des Verfahrens. Das Verfahren kann wegen Geringfügigkeit abgeschlossen werden oder wenn die Meldung einen Sachverhalt betrifft, zu dem bereits ein Verfahren nach diesem Gesetz abgeschlossen wurde. Der hinweisgebenden Person sind in diesen beiden Fällen die Gründe für den Verfahrensabschluss mitzuteilen. Generell ist der hinweisgebenden Person das Ergebnis der durch die Meldung ausgelösten Untersuchung mitzuteilen, soweit dies mit gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten vereinbar ist.

Insgesamt ist davon auszugehen, dass es im ureigensten Interesse eines Unternehmens ist, dass sich hinweisgebende Personen an die eigene interne Meldestelle wenden und nicht an eine externe Meldestelle. Nur dann bleibt man Herr des Verfahrens und kann soweit erforderlich zügig schadensbegrenzende Maßnahmen einleiten. Eine hinweisgebende Person wird sich aber nur dann an eine interne Meldestelle wenden, wenn sie Vertrauen hat, dass die Meldung auch ernstgenommen und unter Beachtung der Vertraulichkeit bearbeitet wird, dass Maßnahmen ergriffen werden und dass keine Repressalien zu erwarten sind. Ein integres Top-Management und eine professionelle interne Kommunikation zum Thema Whistleblowing sind zwei unverzichtbare Voraussetzungen für den Aufbau dieses Vertrauens.

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Individuelles Angebot

Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht die Einrichtung einer internen Meldestelle vor. Werden Sie allen gesetzlichen Anforderungen gerecht und fordern Sie ein auf Ihr Unternehmen angepasstes individuelles Angebot an.

 

Post by Stephan Rheinwald

Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Einrichtung der internen Meldestelle

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgebersysteme, Hinweisgebersysteme im Compliance Management, Interne Meldestelle
19.09.23

Nach Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes müssen Beschäftigungsgeber mit mehr als 50 Beschäftigten eine interne Meldestelle einrichten. Aber was muss dabei konkret getan werden?

Hauptzielsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes ist die Verbesserung des Schutzniveaus hinweisgebender Personen. Hierzu sieht das Gesetz Schadensersatz und Bußgeldzahlungen vor für Repressalien, die gegen hinweisgebende Personen ausgeübt werden. Darüber hinaus wird in § 12 geregelt, dass Beschäftigungsgeber und Dienststellen verpflichtet sind bei sich eine Stelle für die Entgegennahme von Meldungen einzurichten und zu betreiben, eine sogenannte interne Meldestelle. An diese können sich Beschäftigte wenden, wenn sie einen Hinweis auf Fehlverhalten abgeben möchten.

Bei der Einrichtung der internen Meldestelle müssen in drei Bereichen Entscheidungen getroffen und nachfolgend umgesetzt werden:

  • Interne Meldekanäle/ Technik,
  • Mensch und
  • Interne Kommunikation der Meldestelle

Interne Meldekanäle/ Technik

Um einen sicheren und strukturierten Weg der Hinweisabgabe zu ermöglichen, sieht das Hinweisgeberschutzgesetz in § 16 die Einrichtung von internen Meldekanälen vor. Diese Meldekanäle sind so zu gestalten, dass nur die für die Entgegennahme und Bearbeitung der Meldungen zuständigen Personen Zugriff auf die eingegangenen Meldungen haben. Das ist eine wesentliche Voraussetzung, um Vertraulichkeit gewährleisten zu können.

Die Meldekanäle müssen Meldungen in mündlicher oder in Textform ermöglichen. Auf Ersuchen der hinweisgebenden Person ist für eine Meldung innerhalb einer angemessenen Zeit eine persönliche Zusammenkunft mit den für die Entgegennahme einer Meldung zuständigen Personen der internen Meldestelle zu ermöglichen.

Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass sicherzustellen ist, dass Meldungen unter Wahrung der Vertraulichkeit persönlich, telefonisch, postalisch und in Textform, also z.B. per gesichertem Mailverkehr oder über ein webbasiertes Hinweisgebersystem abgegeben werden können. In einem ersten Schritt sind somit diese technischen Voraussetzungen zu implementieren.

Mensch

Die über den internen Meldekanal eingehenden Meldungen müssen entgegengenommen und bearbeitet werden. Oft ist der Inhalt der Meldungen sensibel, da es um Fehlverhalten im Unternehmen oder der Dienststelle geht. Die mit den Aufgaben der internen Meldestelle betrauten Personen müssen daher besonders qualifiziert sein und Erfahrungen in den Gebieten Recht, Finanzen und Management aufweisen können. Persönliche Eigenschaften wie Zuverlässigkeit und Vertraulichkeit gehören ebenso zum notwendigen Kompetenzprofil.

Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht in § 14 ausdrücklich vor, dass ein Dritter mit den Aufgaben der internen Meldestelle betraut werden kann. Dies bietet sich an, wenn niemand in der Organisation vorhanden ist, der die erforderlichen Kapazitäten und die notwendige Fachkunde hat.

Nach der Schaffung der technischen Voraussetzungen sind somit in einem zweiten Schritt die personellen Voraussetzungen für den Betrieb der internen Meldestelle zu schaffen. Geeignete beschäftigte Personen müssen ausgewählt und geschult werden oder die interne Meldestelle muss an einen erfahrenen Dienstleister ausgelagert werden.

Interne Kommunikation der Meldestelle

Nach Implementierung der Technik und Auswahl und Schulung der mit den Aufgaben der internen Meldestelle betrauten Personen bzw. externen Dienstleister ist die Meldestelle eingerichtet. Aber es werden nur dann Meldungen eingehen, wenn die Existenz der internen Meldestelle im Unternehmen oder der Dienststelle auch bekannt ist.

Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist somit die Erstkommunikation zur Einrichtung der internen Meldestelle. Hierzu ist ein geeigneter Kommunikationsmix zu definieren, also z.B. eine Mail der Unternehmens- oder Dienststellenleitung an die Beschäftigten, ein Intranet-Beitrag oder eine geeignete interne Social-Media-Kommunikation. Ebenso wichtig ist die Folgekommunikation: Nur, wenn das Thema interne Meldestelle in geeigneter Form und in regelmäßigen Abständen genügend „Airtime“ bekommt, wird es in den Köpfen verankert und nur dann werden auch Meldungen eingehen.

Zusammenfassung

Meldekanäle müssen technisch eingerichtet werden, Beschäftigte müssen geschult werden bzw. die interne Meldestelle muss an einen Dienstleister ausgelagert werden und die interne Meldestelle muss professionell im Unternehmen oder der Dienststelle kommuniziert werden. Das sind die drei wesentlichen Punkte, die bei der Einrichtung einer internen Meldestelle zu beachten und umzusetzen sind.

 

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Hinweisgebersystem – für Externe öffnen?

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Hinweisgebersysteme im Compliance Management
01.08.23

Sollen Hinweise in einem Hinweisgebersystem auch von Unternehmensexternen abgegeben werden können? Was spricht dafür und was spricht dagegen? Antwort hierauf gibt eine empirische Untersuchung.

Externe Hinweisabgabe

Ist eine hinweisgebende Person nicht im Unternehmen bzw. der Dienststelle beschäftigt, so spricht man von externer Hinweisabgabe. Zu denken ist hier beispielsweise an einen Lieferanten, der Unregelmäßigkeiten im Einkauf eines Unternehmens bemerkt.

Externen Hinweisgebern wird mitunter unterstellt, dass häufig Falschmeldungen abgegeben werden. So könnten Lieferanten versuchen, sich durch falsche Anschuldigungen gegenüber einem Wettbewerber Vorteile zu verschaffen

Aber stimmt das eigentlich, dass externe Hinweise öfter falsch sind als interne?

Dr. Martin Walter, geschäftsführender Gesellschafter der Hinweisgebersystem24 GmbH, hat als Lehrbeauftragter der TU Dresden eine empirische Untersuchung durchgeführt zum Thema „Missbrauch von Hinweisgebersystemen“. Diese ist 2021 publiziert worden in „Ruhmannseder/ Behr/ Krakow (Hrsg.), Hinweisgebersysteme“. Das Ergebnis der Untersuchung basiert auf den Antworten von 43 Unternehmen.

Zunächst jedoch wird noch einmal der Begriff „Missbrauch eines Hinweisgebersystems“ definiert.

Der Missbrauch eines Hinweisgebersystems ist die bewusst falsche Meldung eines unterstellten Fehlverhaltens einer im Unternehmen oder der Dienststelle beschäftigten Person.

Nicht als Missbrauch zu werten sind hingegen

die Abgabe eines unwissentlich falschen Hinweises und
die Abgabe einer Meldung im falschen Meldekanal; so kommt es beispielsweise häufig vor, dass in einem Hinweisgebersystem fälschlicherweise Kundenbeschwerden abgegeben werden.

 

Das Ergebnis

Die empirische Untersuchung kommt zu folgendem Ergebnis:

Die Öffnung des Hinweisgebersystem für Externe führt nicht zu einem prozentualen Anstieg missbräuchlicher Meldungen.

Die Öffnung wird aber dazu führen, dass bei der internen Meldestelle mehr Meldungen eingehen werden. Umgekehrt wird die Anzahl der Meldungen an die im Hinweisgeberschutzgesetz vorgesehenen staatlich betriebenen externen Meldestellen sinken, da externen hinweisgebenden Personen nun der Weg offensteht sich direkt an das Unternehmen oder die Dienststelle zu wenden.

Unternehmen und Dienststellen, die frühzeitig selbst auf Fehlverhalten aufmerksam werden wollen und durch sofortige Gegenmaßnahmen Schaden verhindern oder zumindest begrenzen wollen, sind also gut beraten, ihr Hinweisgebersystem auch für Externe zu öffnen.

 

Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

 

 

Hinweisgebersysteme und Compliance

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Hinweisgebersysteme im Compliance Management, Interne Meldestelle
11.07.23

Hinweisgebersystem und Compliance – beide Begriffe sind in aller Munde! Aber was unterscheidet sie und wie hängen sie zusammen?

Die Medien sind voll von Berichten, in denen die beiden Begriffe „Hinweisgebersystem“ und „Compliance“ eine zentrale Rolle spielen. Aber vielen ist nicht klar, was genau diese beiden Begriffe bedeuten und wie sie zusammenhängen. Dies soll daher nachfolgend näher erläutert werden.

Hinweisgebersystem

Ein Hinweisgebersystem dient dazu, dass Beschäftigte in Unternehmen und Dienststellen Hinweise auf in der Organisation vorkommendes Fehlverhalten abgeben können. Dies kann anonym oder nicht-anonym geschehen.

Die Hinweisabgabe selbst kann – technisch gesehen – auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen:

  • telefonisch,
  • mündlich,
  • postalisch oder
  • webbasiert.

Ob alle oder nur einzelne der aufgeführten technischen Wege bereitgestellt werden, liegt im Ermessen des Unternehmens bzw. der Dienststelle.

Die mündliche Hinweisabgabe ist aus Sicht des Unternehmens bzw. der Dienststelle zweifelsfrei die zu präferierende Alternative, da unmittelbar, vertraulich und persönlich wichtige Sachverhalte und Details des adressierten Fehlverhaltens geklärt werden können. Allerdings ist auf diesem Wege eine anonyme Hinweisabgabe nicht möglich. Die mündliche Hinweisabgabe kommt somit nur in Betracht, wenn die hinweisgebende Person großes Vertrauen hat, dass ihr aus der Hinweisabgabe keine persönlichen Nachteile entstehen.

Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht für Unternehmen und Dienststellen mit mehr als 50 Beschäftigten die Einrichtung einer sogenannten internen Meldestelle vor. Es ist eine der wesentlichen Aufgaben dieser internen Meldestelle ein Hinweisgebersystem einzurichten und zu betreiben. Ausführliche Erläuterungen, wie ein Hinweisgebersystem funktioniert, finden Sie hier.

Compliance

Im Kern kann man Compliance bzw. ein Compliance-Managementsystem bezeichnen als Summe aller Maßnahmen zur Vorbeugung, Aufdeckung und Bearbeitung von Fehlverhalten.

In den Bereich der Vorbeugung fallen etwa die Erstellung und Kommunikation von Richtlinien oder die Schulung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Vorbeugung bzw. Prävention ist eine der wichtigsten Aufgaben des Compliancebereichs, denn eine erfolgreiche Prävention hilft, Fehlverhalten erst gar nicht entstehen zu lassen.

Allerdings zeigt die Erfahrung: auch die beste Prävention kann Fehlverhalten nicht vollständig ausschließen, denn wo Menschen arbeiten, werden Fehler gemacht. Wenn es aber Fehlverhalten gibt, dann muss es so schnell wie möglich aufgedeckt werden. Nur dann kann kurzfristig reagiert und der Schaden so gering wie möglich gehalten werden. Genau an dieser Stelle kommt das Hinweisgebersystem ins Spiel. Dessen Ziel ist es für die Beschäftigten des Unternehmens bzw. der Dienststelle die Hinweisabgabe so sicher und einfach wie möglich zu machen und so die Hürden, die einer Hinweisabgabe entgegenstehen so niedrig wie möglich zu halten.

Von großer Wichtigkeit ist daran anschließend die professionelle Bearbeitung der eingegangenen Hinweise. Nach einer ersten Stichhaltigkeitsprüfung muss der Sachverhalt möglichst eindeutig aufgeklärt werden. Danach muss entschieden werden, welche Folgemaßnahmen ergriffen werden müssen, damit ein ähnlich gelagertes Fehlverhalten künftig verhindert oder doch zumindest deutlich erschwert wird. Derartige Maßnahmen können z. B. sein die Verabschiedung einer neuen Richtlinie, die Schulung einzelner Mitarbeiter oder aber auch als ultima ratio die Kündigung beschäftigter Personen.

Zusammenfassung

Vergleicht man nun die Inhalte bzw. Aufgaben von Hinweisgebersystemen und von Compliance, wird deutlich, dass ein Hinweisgebersystem ein wichtiges Einzelelement ist innerhalb eines vollständigen und funktionsfähigen Compliance-Managementsystems.

Compliance befasst sich mit der Vorbeugung, Aufdeckung und Bearbeitung von Fehlverhalten. Ein Hinweisgebersystem ist das wichtigste Element im Bereich der Aufdeckung des Fehlverhaltens.

Anders ausgedrückt: Ohne ein funktionsfähiges Hinweisgebersystem gibt es kein funktionsfähiges Compliance-Managementsystem. Umgekehrt gilt aber auch: ein Hinweisgebersystem kann nur seine volle Wirkung entfalten, wenn auch die beiden anderen Teilbereiche eines Compliance-Managementsystems „Vorbeugung“ und „Bearbeitung eingegangener Hinweise“ im Unternehmen oder der Dienststelle funktionsfähig etabliert sind.

 

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Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Die Akzeptanz der internen Meldestelle

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgebersysteme, Hinweisgebersysteme im Compliance Management, Interne Meldestelle
30.05.23

Die formale Einrichtung einer internen Meldestelle ist nur der erste Schritt – vorher und danach ist einiges zu tun, damit sie auch Akzeptanz im Unternehmen oder der Dienststelle findet.

Damit eine interne Meldestelle ihren Aufgaben nachkommen kann, muss sie bei den Beschäftigten Akzeptanz finden. Wie kann das erreicht werden?

Geeignete Unternehmenskultur für mehr Akzeptanz

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Akzeptanz der internen Meldestelle ist eine Unternehmenskultur, in der die Abgabe von Hinweisen auf Fehlverhalten als etwas Positives bewertet wird. Nur dann haben die Beschäftigten das Gefühl, dass ihre Hinweisabgabe geschätzt wird und dass sie keinerlei Nachteile zu befürchten haben.

Das hört sich selbstverständlich an, doch die Praxis zeigt mitunter ein anderes Bild. So mussten hinweisgebende Personen persönliche Nachteile erleiden, weil ihr Hinweis nicht als Aufruf zur Klärung und Verbesserung einer Situation verstanden wurde, sondern als Denunziation. Verfestigt sich dieser Eindruck im Unternehmen oder der Dienststelle, wird bei der internen Meldestelle mit Sicherheit kein Hinweis mehr eingehen.

Die wohl wichtigste Maßnahme zur Erreichung einer geeigneten Unternehmenskultur ist die klare Kommunikation der obersten Führungsebene, dass Hinweise auf Fehlverhalten geschätzt werden, da nur so Fehler abgestellt und Verbesserungen erzielt werden können. Diesem „Tone from the Top“ kommt daher eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf die Akzeptanzerhöhung der internen Meldestelle zu.

Geeignete Beschäftigte in der internen Meldestelle

Von zentraler Bedeutung sind auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der internen Meldestelle. Zu Ihrem Kompetenzprofil gehören Verschwiegenheit, Durchsetzungsvermögen, Menschenkenntnis, Zuverlässigkeit, Finanz-Know-How, rechtliche Kenntnisse und Kenntnisse der Unternehmensprozesse.

Nur unter diesen Voraussetzungen werden die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der internen Meldestelle und damit die interne Meldestelle selbst Akzeptanz im Unternehmen oder der Dienststelle finden.

Geeignete Meldekanäle

Auch müssen die Meldekanäle so nutzerfreundlich gestaltet sein, damit die Hinweisabgabe nicht an technischen Hürden scheitert.

Dies gilt insbesondere für die webbasierte Hinweisabgabe. Das Hinweisgebersystem muss übersichtlich gestaltet sein, es muss eine klare, gut vorstrukturierte und einfache Führung durch den Hinweisabgabeprozess hinterlegt sein und das System muss sicher sein. Unbefugte dürfen sich keinen Zugriff auf die gemeldeten Inhalte im System verschaffen können.

Geeignete Kommunikation

Letztlich hängt die Akzeptanz der internen Meldestelle auch von einer geeigneten internen Kommunikation ab. Es muss in regelmäßigen Abständen die Existenz und die Wichtigkeit der internen Meldestelle kommuniziert werden. Dies kann wie bereits erwähnt erfolgen durch Botschaften der obersten Führungsebene, aber auch durch die Kommunikation des Nutzens eingegangener Meldungen und der daraufhin eingeleiteten nachfolgenden Verbesserungsmaßnahmen.

Zusammenfassung 

Damit die interne Meldestelle im Unternehmen oder der Dienststelle Akzeptanz findet, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein: eine passende Unternehmenskultur, qualifizierte Beschäftigte in der internen Meldestelle, technisch optimierte Meldekanäle und eine begleitende interne Kommunikation.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird die interne Meldestelle Akzeptanz im Unternehmen oder der Dienststelle finden und nur dann kann sie ihren Aufgaben gerecht werden.

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Post by Stephan Rheinwald

Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Hinweisgeberschutzgesetz im Bundestag verabschiedet

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme im Compliance Management, Meldekanäle, Rechtliche Aspekte
16.12.22

Aktueller Stand: Hinweisgeberschutzgesetz im Bundestag verabschiedet

Der Bundestag hat am 16.12.2022 in 2. und 3. Lesung das Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet.

Die wichtigste beschlossene Änderung gegenüber dem bisherigen Entwurf bezieht sich auf den Umgang mit anonymen Meldungen. Der Regierungsentwurf hatte vorgesehen, dass sich die in Unternehmen beziehungsweise öffentlichen Stellen einzurichtenden internen Meldestelle sowie die einzurichtenden externen Meldestellen mit anonymen Meldungen hätten beschäftigen sollen. Nun wurde durch den Bundestag beschlossen, dass sich die Meldestellen damit beschäftigen müssen. Dafür sollen die Meldestellen entsprechende Vorkehrungen treffen, um auch eine anonyme Kommunikation zwischen Hinweisgebenden und Meldestellen zu ermöglichen.

Dafür sind ab dem Januar 2025 Meldekanäle vorzuhalten, welche die anonyme Kontaktaufnahme und die für die hinweisgebende Person anonyme Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und interner Meldestelle ermöglichen. Dies kann etwa durch technische Vorrichtungen oder die Einschaltung einer Ombudsperson gewährleistet werden.

Die Full-Service-Lösung der Hinweisgebersystem24 GmbH ist bereits jetzt mit allen heute und künftig geltenden gesetzlichen Anforderungen kompatibel.

Drei Monate nach der Verkündigung, die voraussichtlich im ersten Quartal 2023 erfolgen wird, wird das Gesetz im zweiten Quartal 2023 in Kraft treten.

Eine Zusammenfassung des Inhalts des Hinweisgeberschutzgesetzes findet sich hier.

 

Hinweisgebersystem und Lieferkettensorgfalts – pflichtengesetz

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme im Compliance Management, Meldekanäle
29.11.22

Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sieht die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens vor, das Hinweisgeberschutzgesetz die Einrichtung eines Meldekanals. Kann man mit einer Lösung beiden Anforderungen genügen?

  1. Juristische Situation

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz erfordert ab 2023 für Unternehmen mit mehr als 3000 im Inland Beschäftigten laut §8 die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens. Ab 2024 gilt dies auch für Unterhemen mit mehr als 1000 Beschäftigten. Wörtlich heißt es im Gesetz:

Das Beschwerdeverfahren ermöglicht Personen, auf menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken sowie auf Verletzungen menschenrechtsbezogener oder umweltbezogener Pflichten hinzuweisen, die durch das wirtschaftliche Handeln eines Unternehmens im eigenen Geschäftsbereich oder eines unmittelbaren Zulieferers entstanden sind. Der Eingang des Hinweises ist den Hinweisgebern zu bestätigen. Die von dem Unternehmen mit der Durchführung des Verfahrens betrauten Personen haben den Sachverhalt mit den Hinweisgebern zu erörtern. Sie können ein Verfahren der einvernehmlichen Beilegung anbieten.

Alternativ können sich die Unternehmen an einem externen Beschwerdeverfahren beteiligen. Dies muss – wie auch das interne Beschwerdeverfahren – den nachfolgenden Kriterien genügen:

  • Das Unternehmen legt eine Verfahrensordnung in Textform fest, die öffentlich zugänglich ist.
  • Die von dem Unternehmen mit der Durchführung des Verfahrens betrauten Personen müssen Gewähr für unparteiisches Handeln bieten, insbesondere müssen sie unabhängig und an Weisungen nicht gebunden sein. Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
  • Das Unternehmen muss in geeigneter Weise klare und verständliche Informationen zur Erreichbarkeit und Zuständigkeit und zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens öffentlich zugänglich machen. Das Beschwerdeverfahren muss für potenzielle Beteiligte zugänglich sein, die Vertraulichkeit der Identität wahren und wirksamen Schutz vor Benachteiligung oder Bestrafung aufgrund einer Beschwerde gewährleisten.
  • Die Wirksamkeit des Beschwerdeverfahrens ist mindestens einmal im Jahr sowie anlassbezogen zu überprüfen, wenn das Unternehmen mit einer wesentlich veränderten oder wesentlich erweiterten Risikolage im eigenen Geschäftsbereich oder beim unmittelbaren Zulieferer rechnen muss, etwa durch die Einführung neuer Produkte, Projekte oder eines neuen Geschäftsfeldes. Die Maßnahmen sind bei Bedarf unverzüglich zu wiederholen.

Spätestens 2023 wird auch das neue Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft treten, das von Unternehmen mit mehr als 249 Beschäftigten die Einrichtung einer internen Meldestelle erfordert.

  1. Umsetzung der Anforderungen in der Praxis

Ab 2023 müssen Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten also sowohl ein Beschwerdeverfahren im Einklang mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz einführen als auch eine interne Meldestelle laut Hinweisgeberschutzgesetz.

Ganz praktisch stellt sich somit die Frage, ob man zwei separate Verfahren bzw. Systeme einrichten muss, oder ob bei intelligenter Gestaltung nicht ein Verfahren ausreicht. Und genau das ist in der Tat der Fall.

Die einfachste Lösung sieht wie folgt aus: ist der interne Meldekanal der internen Meldestelle webbasiert (also nicht nur telefonisch), muss in der Eingabemaske der Meldung im Allgemeinen angegeben werden, welchem Risikofeld die Meldung zuzuordnen ist, also z.B. Korruption oder Interessenkonflikte. Hier kann nun problemlos ein neues Risikofeld hinzugefügt werden: Verstoß gegen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Derartige Hinweise können dann einfach über den bestehenden Meldekanal der internen Meldestelle abgegeben werden.

Die Kategorisierung nach Risikofeldern ermöglicht es, schnell einen Überblick über alle Hinweise über Verstöße gegen das LkSG zu filtern. Diese Auswertung ist dann die Grundlage für den laut §10 LkSG jährlich zu erstellenden Bericht.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass bei intelligenter Ausgestaltung der laut Hinweisgeberschutzgesetz erforderliche Meldekanal der internen Meldestelle für das Beschwerdeverfahren laut LkSG mit genutzt werden kann.

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Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Welche Arten von Fehlverhalten werden in Hinweisgebersystemen gemeldet?

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Hinweisgebersysteme im Compliance Management, Interne Meldestelle, Meldekanäle
03.05.22

Hinweisgebersysteme dienen der Meldung von Fehlverhalten. Aber welche Arten von Fehlverhalten gibt es eigentlich? Zur Beantwortung dieser Frage ist es hilfreich zunächst zwei Unterscheidungen einzuführen. Anschließend werden die resultierenden Kategorien anhand von Beispielen näher erläutert.

Corporate Misconduct vs. Fraud 

Die erste Unterscheidung zielt darauf ab, ob das Unternehmen oder die Dienststelle vom Fehlverhalten (vermeintlich) profitiert oder ob eine Schädigung vorliegt. Im ersten Fall spricht man von „Corporate Misconduct“, im zweiten von „Fraud“.

Allgemein vs. Branchenspezifisch

Die zweite Unterscheidung verdeutlicht, ob das Fehlverhalten so in jedem Unternehmen vorkommen kann oder aufgrund seiner Spezifika nur in bestimmten Branchen.

Aus diesen beiden Unterscheidungen resultieren vier Kategorien, die nachfolgend anhand von Beispielen näher erläutert werden.

1. Corporate Misconduct/ allgemein

a) Beispiel Korruption: der Vertrieb besticht mit Wissen der Geschäftsführung einen Kunden, um einen wichtigen Auftrag zu erhalten

b) Beispiel Kartell: es werden Preis- oder Gebietsabsprachen getroffen, um den Wettbewerbsdruck zu mildern

c) Beispiel Kapitalmarkt: im Rahmen der Finanzberichterstattung publiziert das Unternehmen geschönte Zahlen

2. Corporate Misconduct/ branchenspezifisch

d) Beispiel Lebensmittelsicherheit: um Kosten zu sparen unterlässt ein Unternehmen aus dem Lebensmittelsektor vorgeschriebene Qualitätskontrollen

e) Beispiel Umweltschutz: ein Unternehmen der Chemiebranche entsorgt belastete Flüssigkeiten unvorschriftsmäßig in ein Gewässer

f) Beispiel Arbeitsplatzsicherheit: in der Baubranche wird eine Baustelle nur unzureichend gesichert

g) Beispiel Produktsicherheit: ein Automobilhersteller verzichtet aus Kostengründen auf eine eigentlich erforderliche Rückrufaktion zum Austausch sicherheitsrelevanter defekter Teile (vgl. hierzu das Vorgehen von Hyundai)

h) Beispiel überhöhte Abrechnungen: ein Beratungsunternehmen stellt dem Kunden mehr Stunden in Rechnung als wirklich angefallen sind

3. Fraud/ allgemein

i) Beispiel Diebstahl: ein Mitarbeiter eines Kaufhauses stiehlt Waren

j) Beispiel unzulässige Nutzung von Firmeneigentum: eine Mitarbeiterin nutzt den Dienstwagen ohne Genehmigung für private Zwecke

4. Fraud/ branchenspezifisch

k) Beispiel Provisionsbetrug: ein Vertriebsmitarbeiter in der Versicherungsbranche fälscht Kundenverträge, um höhere Vertriebsprovisionen zu bekommen

l) Beispiel Missbrauch von Geldern: ein Projektleiter in der Bauwirtschaft lässt Material statt zur Baustelle zu sich nach Hause bringen, um sie dort für den eigenen Hausbau zu verwenden

Zusammenfassung

Fehlverhalten kann auf jeder Hierarchieebene und in jeder Branche vorkommen. Das Unternehmen oder die Dienststelle kann Opfer oder Täter sein. Ein funktionierendes Hinweisgebersystem kann ein wichtiges Instrument sein, um Fehlverhalten frühzeitig zu entdecken und den resultierenden Schaden zu begrenzen.

Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

 

Whistleblowing – Anonym oder nicht?

Veröffentlicht in Folgemaßnahmen und Meldestelle, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme im Compliance Management
09.11.21

„Soll ich den Hinweis auf Fehlverhalten anonym abgeben oder nicht?“ Das ist die vielleicht wichtigste Frage, vor der eine hinweisgebende Person steht.

Anonym oder nicht-anonym? Das ist die „Gretchen-Frage“ für Whistleblower. Beide Optionen haben für hinweisgebende Personen große Vor-, aber auch Nachteile.

Vorteile, Hinweise anonym abzugeben

Anonyme Hinweisabgabe hat aus Sicht der hinweisgebenden Person einen großen Vorteil: mein Name wird nicht bekannt, weder bei der beschuldigten Person noch allgemein im Unternehmen oder der Dienststelle.

Folglich erspare ich mir unangenehme Begegnungen mit den Personen, von denen ich glaube, dass sie Fehlverhalten begangen haben. Auch wird kein Kollege und keine Kollegin meine Hinweisabgabe als Denunziation einschätzen. Und das Wichtigste: Ich bin mit Sicherheit keinen Repressalien ausgesetzt, niemand wird mir beruflich oder privat schaden.

Das alles sind gewichtige Punkte, denn es ist ja leider kein Einzelfall, dass Whistleblower Repressalien ausgesetzt sind. Um genau dies zu verhindern, wird demnächst im Einklang mit einer bereits verabschiedeten EU-Directive in Deutschland ein Hinweisgeberschutzgesetz verabschiedet werden, das anonyme Hinweisabgabe erlaubt und Repressalien gegen Hinweisgeber sanktioniert.

Nachteile der anonymen Hinweisabgabe

Whistleblowing erfordert Mut und sollte belohnt werden. Das geht aber natürlich nur, wenn die Identität der hinweisgebenden Person bekannt ist. Dabei geht es nicht in erster Linie um finanzielle Belohnungen – ein Aspekt, über den man sehr kontrovers diskutieren kann. Unstreitig aber dürfte wohl sein, dass ein redlicher Whistleblower Dank und Anerkennung erwarten darf, schließlich hat er bzw. sie auf Missstände aufmerksam gemacht und so finanziellen Schaden oder Reputationsverlust vermieden oder zumindest verringert.

Wird Dank und Anerkennung in geeigneter Form öffentlich ausgesprochen, ist das das stärkste Signal, das ein Unternehmen oder eine Dienststelle senden kann, um zu zeigen: Wir schätzen die Hinweisabgabe, wir verstehen sie als positives Instrument zur Fehlervermeidung und Schadensminimierung. So kann es gelingen, Whistleblowing aus der vermeintlichen Schmuddelecke herauszubekommen und positiv zu konnotieren. Das ist die beste Voraussetzung dafür, dass dann nachfolgend weitere mitarbeitende Personen den Mut zur Hinweisabgabe finden werden, sobald ein Missstand entdeckt wird.

Ein weiterer Nachteil anonymer Hinweisabgabe ist es, dass es dann den Personen, die mit der Bearbeitung der eingegangenen Hinweise betraut sind, nicht möglich ist, mit dem Whistleblower Kontakt aufzunehmen und Nachfragen zu stellen. Diese sind in der Praxis zur Aufklärung des Sachverhalts manchmal unverzichtbar.

Abhilfe schaffen hierfür spezielle webbasierte Systeme oder das Auslagern der Hinweisannahme an einen externen Dienstleister. Im letzteren Fall kann die hinweisgebende Person ihre Identität dem Dienstleister offenbaren, der sie jedoch nicht an das Unternehmen bzw. die Dienststelle weitergibt.

Nicht-anonyme Hinweisabgabe: Die Abwägung

Während es für das Unternehmen oder die Dienststelle eigentlich nur Vorteile hat, wenn Hinweise nicht-anonym abgegeben werden, ist die Situation aus Sicht des Whistleblowers deutlich schwieriger einzuschätzen. Vorteile sind eine etwaige Belobigung sowie das Wissen, auf Nachfragen antworten zu können und somit alles zur Fallaufklärung beigetragen zu haben. Nachteilig ist das Risiko von Repressalien.

Somit wird klar, dass sich eine hinweisgebende Person nur dann für eine nicht-anonyme Hinweisabgabe entscheiden wird, wenn sie darauf vertraut, dass ihr nachfolgend keine Nachteile entstehen werden.

Konsequenzen für Unternehmen und Dienststellen 

Ist es einer Organisation wichtig, dass Hinweise auf Fehlverhalten tendenziell nicht-anonym abgegeben werden, muss sie eine Kultur schaffen, in der Whistleblowing geschätzt wird. Dies kann erreicht werden z.B. durch entsprechende Aussagen der Leitungsebene der Organisation in den internen Medien oder auf internen Konferenzen und Tagungen. All das funktioniert aber nur, wenn die Mitarbeitenden der Leitungsebene wirklich vertrauen, wenn sie das sichere Gefühl haben, dass ihnen keine persönlichen Nachteile entstehen werden.

In diesem Sinne ist jede bewusst nicht-anonym abgegebene Meldung ein Vertrauensbeweis und ein großes Kompliment für das Top-Management. 

Wenn Sie sich über dieses Thema weiter informieren möchten, hören Sie gerne unseren Podcast WHISTLEpedia. Er ist bei iTunes, Spotify, YouTube oder direkt hier auf der Seite kostenlos hörbar. 

 

 

Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.