Bei einer internen Meldestelle geht über einen längeren Zeitraum kein Hinweis auf Fehlverhalten ein. Es ist also alles in bester Ordnung! Wirklich?
Die Hauptaufgabe der internen Meldestelle ist es, Hinweise auf Fehlverhalten im Unternehmen oder der Dienststelle entgegenzunehmen und nachfolgend zu verarbeiten. Aber woran kann es liegen, wenn nach Einrichtung der internen Meldestellekeine Hinweise eingehen? Das kann mehrere Gründe haben.
Wenn es kein Fehlverhalten gibt, wird auch nichts gemeldet, insofern ist das natürlich der Idealzustand. Aber je mehr Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eine Organisation hat, desto wahrscheinlicher ist es schon statistisch, dass Fehlverhalten vorkommt. In den meisten Fällen haben fehlende Meldungen daher andere Ursachen.
Das Hinweisgebersystem und seine Aufgaben sind in der Organisation nicht bekannt
Nur wenn die Existenz und die Aufgabe des Hinweisgebersystems im Unternehmen oder der Dienststelle bekannt ist, können und werden auch Hinweise eingehen. Aus diesem Grund kommt der begleitenden internen Kommunikation bei der Einführung der internen Meldestelle eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Es ist einer der größten Fehler beim Aufbau von Meldestellen, umfangreich Ressourcen in die Diskussion und Festlegung technischer und personeller Aspekte zu investieren und anschließend die Begleitkommunikation zu vernachlässigen. Während in der Phase der Systemeinführung eine professionelle Kommunikationskampagne erforderlich ist, sind im weiteren Fortlauf nur noch einzelne, aber periodische Kommunikationsmaßnahmen notwendig. Zu denken ist hier zum Beispiel an einen Intranetbeitrag über die Anzahl eingegangener Meldungen.
Der Nutzen der Hinweise ist nicht bekannt
Bei genauerer Betrachtung ist dies ebenfalls ein Kommunikationsthema. Hinweise über Fehlverhalten sind ein wichtiges Instrument, Probleme rechtzeitig erkennen und frühzeitig Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Dass Meldungen im Unternehmen oder der Dienststelle positiv konnotiert sind und nicht negativ – etwa im Sinne von Anschwärzen – ist auch eine wichtige Aufgabe der Hinweisgeber-Kommunikation.
Falsche Unternehmenskultur
Eng damit verbunden ist die Tatsache, dass es Hinweis-fördernde Unternehmenskulturengibt. Diese zeichnen sich insbesondere aus durch Transparenz, Lösungsorientierung und Fehlervermeidung. Die Vermittlung der Unternehmenskultur erfolgt sehr stark durch die oberste Führungseben der Organisation. Dem „Tone at the Top“, also den Aussagen der wichtigsten Führungskräfte über das Hinweisgebersystem kommt daher essenzielle Bedeutung zu. Nur wenn das System vom Leitungspersonal öffentlich unterstützt wird, wird es auch genutzt werden.
Furcht vor Repressalien
Nur wenn die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen keine Repressalien wegen einer Hinweisabgabe zu fürchten haben, werden sie auch Meldungen abgeben. Daher muss das Unternehmen oder die Dienststelle unmissverständlich kommunizieren, dass ein gutgläubiger Hinweisgeber unter keinen Umständen Repressalien zu befürchten hat. Umgekehrt ist auch klar: sollte ein Hinweisgeber Repressalien erlitten haben und wird dies in der Organisation bekannt, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit keine weiteren Hinweise mehr geben. Allein anonyme Hinweise sind dann noch denkbar.
Technische Systemprobleme
Nur der Vollständigkeit halber sei dieser technische Aspekt für fehlende Hinweise genannt. Diese Probleme könne im Vergleich mit den anderen angesprochenen Aspekten in der Regel leicht behoben werden.
Eine Kennzahl für die Anzahl der Meldungen
Nach dieser Diskussion der potenziellen Gründe für fehlende Meldungen soll abschließend thematisiert werden, ob es für die Meldungshäufigkeit eine Kennzahl gibt. Geeignet erscheint hier die Kennzahl „Hinweise je 1.000-Mitarbeiter“, da die Mitarbeiterzahl der wichtigste Treiber für die Anzahl der Meldungen ist. Grob lässt sich sagen, dass je 1.000 Mitarbeiter eine einstellige Zahl von Hinweisen im Jahr zu erwarten sind. Das ist immerhin eine Indikation, aber man muss zur Kenntnis nehmen, dass es weitere Einflussfaktoren gibt, z.B. die Branchenzugehörigkeit. Empirisch gesicherte Kenntnisse über diese weiteren Einflussfaktoren liegen allerdings nicht vor.
Bei aller Unschärfe ermöglicht die Kennzahl eine grobe Einschätzung, ob erstens im Unternehmen oder der Dienststelle aus den o.a. Gründen zu wenig Meldungen eingehen oder zweitens zu viele. Gehen zu viele Meldungen ein, bedarf dies ebenfalls eine genaueren Analyse. Ursache kann ja ein hohes Maß an Fehlverhalten sein.
Zusammenfassung
Um eine in Abhängigkeit von der Zahl der Beschäftigten statistisch-normale Anzahl von Meldungen über Fehlverhalten zu erhalten, bedarf es einiger Voraussetzungen: Das Hinweisgebersystem und sein Nutzen müssen durch geeignete Kommunikationsmaßnahmen bekannt sein, die Unternehmenskultur muss „richtig“ sein, es darf keine Angst vor Repressalien und keine technischen Probleme geben. Ist all dies gegeben, werden Meldungen bei der internen Meldestelle eingehen, wodurch mitunter gravierende Probleme frühzeitig erkannt und beseitigt werden können.
Wenn Sie sich über dieses Thema weiter informieren möchten, hören Sie gerne unseren Podcast WHISTLEpedia. Er ist bei iTunes,Spotify, YouTubeoder direkt hier auf der Seite kostenlos hörbar.
Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
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