Schutz von Personen, die in einer Meldung beschuldigt werden

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Meldestelle und Datenschutz, Rechtliche Aspekte
18.05.21

In vielen Fällen wird in einer Meldung, die über ein Hinweisgebersystem abgegeben wird, nicht nur allgemein der Sachverhalt bzw. das zu Tage getretenen Fehlverhalten beschrieben, sondern es werden auch konkret die Namen der beschuldigten Personen genannt. Das Hinweisgeberschutzgesetz spricht hier im vorliegenden Referentenentwurf etwas technokratisch von den Personen, die Gegenstand einer Meldung sind. In diesem Blogbeitrag wollen wir erklären, warum es wichtig ist, auch diese Personen zu schützen, was genau das HinSchG dazu sagt und wie man das in der Praxis realisieren kann.

Warum ist es wichtig, auch die in einem Hinweis beschuldigten Personen zu schützen?

Die Antwort auf diese Frage ist eigentlich ganz einfach: weil eine beschuldigte Person nicht immer schuldig ist! Dies kann zwei Ursachen haben. Zum einen kommt es vor, dass ein Hinweisgeber nach bestem Wissen und Gewissen eine Meldung bei einer internen oder externen Meldestelle abgibt, aber dass sich die Sachlage nach genauerer Prüfung doch anders darstellt. Dann kann der Fall eintreten, dass die beschuldigte Person unschuldig ist. Zum zweiten kommt es leider auch vor, dass wissentlich falsche Hinweise abgegeben werden. Das kommt nicht häufig vor, aber wie gesagt: Es kommt vor. (Zu diesem hochinteressanten Thema der wissentlichen Falschmeldung werden wir übrigens demnächst einen eigenen Podcast online stellen.)

Personen, die fälschlicherweise eines Fehlverhaltens beschuldigt werden, können leider große Nachteile in ihrem beruflichen und privaten Leben erleiden. Man denke etwa an eine ungerechtfertigte Kündigung. So etwas muss mit aller Kraft vermieden werden. Großen Schaden nähme ansonsten übrigens nicht nur die beschuldigte Person, sondern darüber hinaus das ganze System zur Hinweisabgabe. Es wäre in dem Unternehmen oder der Dienststelle, in der sich die Benachteiligung einer unschuldigen Person ereignet hat, für lange Zeit diskreditiert.

Was sagt das Hinweisgeberschutzgesetz zum Schutz von Personen, die Gegenstand einer Meldung sind?

Bevor wir uns dem HinSchG zuwenden, sollten wir einmal in den Artikel 20 des Grundgesetzes schauen. Nach einhelliger Auffassung ist die Unschuldsvermutung eine zwingende Folge des dort thematisierten Rechtsstaatsprinzips. In Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist die Unschuldsvermutung sogar ausdrücklich festgeschrieben:

„Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.“

 Und wer als unschuldig gilt, muss selbstverständlich so lange bestmöglich geschützt werden, bis das Gegenteil bewiesen ist.

Nun aber zum HinSchG: hier geht es im § 8 um das Vertraulichkeitsgebot. Dort heißt es explizit, dass die Meldestellen die Vertraulichkeit der Identität der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, zu wahren haben.

Ausnahmen finden sich in § 9: die Identität der beschuldigten Person darf an die jeweils zuständige Stelle weitergegeben werden

  • von internen Meldestellen, sofern dies im Rahmen interner Untersuchungen erforderlich ist,
  • in Strafverfahren auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden und
  • auf Grund einer Anordnung in einem Verwaltungsverfahren oder einer gerichtlichen Entscheidung.

Neben der Vertraulichkeit beinhaltet das HinSchG mit dem § 37 einen weiteren Schutzmechanismus: die hinweisgebende Person muss Schadensersatz leisten, wenn sie vorsätzlich oder grob fahrlässig falsche Informationen verbreitet hat. Und der Schaden, der z.B. durch eine ungerechtfertigte Kündigung entsteht, kann eine beträchtliche Größenordnung erreichen, so dass es sich die hinweisgebende Person genau überlegen sollte, ob sie wissentlich jemanden falsch beschuldigt.

Wie kann man den Schutz von Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, in der Praxis realisieren?

Die bisher erwähnten Sachverhalte sind auch wichtige Elemente für den Beschuldigten-Schutz in der Praxis.

Die Identität einer beschuldigten Person darf nur – und das auch nur wenn unabdingbar – zu Ermittlungszwecken preisgegeben werden. Zu denken ist hier beispielsweise an die Einvernahme eines Zeugen, die ohne vorherige Namensnennung nicht praktikabel möglich wäre. In diesem Fall ist es dann wichtig, die befragten Zeugen selbst zur Vertraulichkeit zu verpflichten, um den Kreis der informierten Personen so klein wie möglich zu halten.

Auch muss entschieden werden, wann genau man die beschuldigte Person selbst über die Meldung informiert. Dies darf nicht zu früh sein, da sonst Beweismittel vernichtet werden könnten oder die Person ohne bereits durchgeführte Stichhaltigkeitsprüfung vielleicht unnötig einer auch psychologisch sehr schwierigen Situation ausgesetzt würde. Auch letzteres fällt unter den Schutz beschuldigter Personen.

Abschließend ist folgendes von großer Bedeutung: Sollte trotz aller Vorsicht der Fall eingetreten sein, dass eine Person zu Unrecht beschuldigt worden ist und dies im Unternehmen oder der Dienststelle bekannt geworden sein, ist eine vollständige Rehabilitierung unabdingbar. Dies sollte durch eine interne Kommunikationsmaßnahme erfolgen, die mit der betroffenen Person abgestimmt worden ist.

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Wenn Sie sich über dieses Thema weiter informieren möchten, hören Sie gerne unseren Podcast WHISTLEpedia. Er ist bei iTunes, Spotify, Youtube oder direkt hier auf der Seite kostenlos hörbar. 

 

Post by Stephan Rheinwald

Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

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