Der neue Referentenentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) liegt vor. Wie unterscheidet er sich vom Entwurf der alten Koalition?
Überblick
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Intention und die Grundstruktur des Gesetzes erhalten geblieben sind.
Dies erkennt man schon daran, dass sämtliche Paragrafen des alten Entwurfes erhalten geblieben sind und nur ein einziger Paragraf neu hinzugefügt worden ist. Hierbei handelt es sich um § 22 (neu), der das Bundeskartellamt als spezielle externe Meldestelle für Hinweise gegen Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht vorsieht.
Im Detail
Im Detail sieht der neue Entwurf gleichwohl einige relevante Änderungen vor:
§ 2 (2): Der alte Entwurf sah vor, dass das Gesetz u.a. gilt für die Meldung oder Offenlegung von Informationen, die bußgeldbewehrt sind. Im neuen Entwurf wird dies eingeschränkt auf Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, soweit die verletzte Vorschrift dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dient. (Generell wird der Hinweisgeberschutz nicht eingeschränkt auf Verstöße gegen das EU-Recht.)
§ 7 (3) alt: Unternehmen und Dienststellen sind nicht mehr angehalten, Anreize zu schaffen, dass vor einer Meldung an eine externe Meldestelle die interne Meldestelle kontaktiert wird.
§ 11 (5): Die Dokumentation der Meldungen ist jetzt nach zwei Jahren zu löschen und nicht mehr nach Abschluss des Verfahrens.
§ 14 (1): Klarstellend wird ergänzt, dass die Betrauung eines Dritten mit den Aufgaben einer internen Meldestelle den betrauenden Beschäftigungsgeber nicht von der Pflicht entbindet, selbst geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um einen etwaigen Verstoß abzustellen.
§ 16 (1): Neu ergänzt wurde folgender Satz: „Es besteht keine Verpflichtung, die Meldekanäle so zu gestalten, dass sie die Abgabe anonymer Meldungen ermöglichen.“
§ 16 (3): Klargestellt wird, dass mündliche Meldungen auch telefonisch abgegeben werden können.
§ 19 (1): Die externe Meldestelle des Bundes wird beim Bundesamt für Justiz eingerichtet. Der alte Entwurf sah die Einrichtung beim Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vor.
§ 31 (6): „Die externe Meldestelle teilt der hinweisgebenden Person das Ergebnis der durch die Meldung ausgelösten Untersuchungen nach deren Abschluss mit, soweit dies mit gesetzlichen Verschwiegenheitspflichten vereinbar ist.“ Neu ist die Einschränkung im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflichten.
§ 40 (3): Ergänzt wurde, dass ordnungswidrig handelt, wer wissentlich eine unrichtige Information offenlegt. Dies kann mit einer Geldbuße bis zu zwanzigtausend Euro geahndet werden.
Das weitere Vorgehen
Nach Informationen des Handelsblatts soll der Gesetzesentwurf im Juni vom Kabinett beschlossen werden und dann im Herbst 2022 in Kraft treten.
Post by Martin Walter
Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Warum zahlt sich eine gute Hinweisgeberkultur aus?
Wenn Hinweise auf Fehlverhalten abgegeben werden können, ohne dass die hinweisgebende Person Angst vor Repressalien haben muss, dann zahlt sich das für das Unternehmen oder die Dienststelle aus. Diese Meinung vertritt Geert Vermeulen, Gründer von „The Integrity Coordinator“. Lesen Sie nachfolgend seine Begründung.
Fünf Gründe für die Etablierung einer guten Hinweisgeberkultur
Forschungsergebnisse zeigen, dass Organisationen, die mehr Whistleblowing-Meldungen erhalten, finanziell besser abschneiden. Das mag überraschen, denn wenn es viele Meldungen gibt, dann gibt es wahrscheinlich auch viele Probleme, oder?
Aber es zeigt sich, dass die Beziehung zwischen Meldungen und Ergebnissen anders ist, als man auf den ersten Blick vermuten könnte. Wenn viele Meldungen eingehen, bedeutet das oft, dass das Verfahren zur Meldung von Missständen bekannt ist und Vertrauen genießt. Auf diese Weise können viele potenzielle Probleme bereits im Vorfeld gestoppt oder verhindert werden. Die Organisation kann nur dann als erste reagieren, wenn sich die Leute zuerst intern melden. Das ist etwas anderes, als wenn man sich die hinweisgebende Person zuerst an die Behörden wendet, denn dann hat man diese Möglichkeit nicht.
Infolgedessen haben Organisationen mit mehr Berichten oft weniger (hohe) Geldstrafen und Vergleiche, weniger Gerichtsverfahren und somit geringere Rechtskosten. Das Management hat weniger Probleme aus der Vergangenheit zu lösen und kann sich auf die Strategie und die Zukunft konzentrieren.
Dazu gehört nicht nur das Reden, sondern auch das Zuhören: Hören Sie auf die Signale, die aus dem Unternehmen kommen und reagieren Sie fair und konsequent. Dies stärkt das Vertrauen in Ihre Organisation.
Alles zusammen steigert den Ruf und die Reputation Ihres Unternehmens, was Sie in die Lage versetzt, hoch qualifizierte Mitarbeiter anzuziehen, die vielleicht wichtigste Voraussetzung für nachhaltigen Unternehmenserfolg. Und vergessen Sie nicht Ihre Kunden und Lieferanten, auch denen ist Ihr Ruf sehr wichtig.
Ganz allgemein reden wir hier über das Gegenteil einer Angstkultur, in der die Menschen versuchen, Probleme zu verbergen und sich nicht trauen, etwas zu sagen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine sichere, offene Gesprächskultur zu folgenden Ergebnissen führt:
Weniger (hohe) Geldstrafen, Vergleiche und Gerichtsverfahren.
Geringere Kosten für rechtliche und forensische Unterstützung
Mehr Zeit für das Management, sich auf die Zukunft, statt auf die Vergangenheit zu konzentrieren
Einen besseren Ruf, der Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten anzieht
Mehr und bessere kreative Ideen durch eine offene Unternehmenskultur
Wer will das alles nicht?
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Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Sollen Hinweise in einem Hinweisgebersystem auch von Externen abgegeben werden können? Was spricht dafür und was spricht dagegen? Antwort hierauf gibt eine empirische Untersuchung.
Anonyme Hinweisabgabe
Ist eine hinweisgebende Person nicht im Unternehmen bzw. der Dienststelle beschäftigt, so spricht man von externer Hinweisabgabe. Zu denken ist hier beispielsweise an einen Lieferanten, der Unregelmäßigkeiten im Einkauf eines Unternehmens bemerkt.
Externen Hinweisgebern wird mitunter unterstellt, dass häufig Falschmeldungen abgegeben werden. So könnten Lieferanten versuchen, sich durch falsche Anschuldigungen gegenüber einem Wettbewerber Vorteile zu verschaffen.
Aber stimmt das eigentlich, dass externe Hinweise öfter falsch sind als interne?
Dr. Martin Walter, geschäftsführender Gesellschafter der Hinweisgebersystem24 GmbH, hat als Lehrbeauftragter der TU Dresden eine empirische Untersuchung durchgeführt zum Thema „Missbrauch von Hinweisgebersystemen“. Diese ist 2021 publiziert worden in „Ruhmannseder/ Behr/ Krakow (Hrsg.), Hinweisgebersysteme“. Das Ergebnis der Untersuchung basiert auf den Antworten von 43 Unternehmen.
Zunächst jedoch wird noch einmal der Begriff „Missbrauch eines Hinweisgebersystems“ definiert.
Definition
In vorherigen Blogs hatten wir bereits definiert, was man unter Missbrauch versteht.
Der Missbrauch eines Hinweisgebersystems ist die bewusst falsche Meldung eines unterstellten Fehlverhaltens einer im Unternehmen oder der Dienststelle beschäftigten Person.
Nicht als Missbrauch zu werten sind hingegen
die Abgabe eines unwissentlich falschen Hinweises und
die Abgabe einer Meldung im falschen Meldekanal; so kommt es beispielsweise häufig vor, dass in einem Hinweisgebersystem fälschlicherweise Kundenbeschwerden abgegeben werden.
Das Ergebnis
Die empirische Untersuchung kommt zu einem auf den ersten Blick überraschenden Ergebnis:
Wird das Hinweisgebersystem für Externe geöffnet, steigt der Prozentsatz eindeutig nicht missbräuchlich abgegebener Hinweise von 80% auf 85%.
Dieses Ergebnis ist überraschend. Es müssen allerdings zwei Einschränkungen berücksichtigt werden.
Durch die Öffnung des Hinweisgebersystems für Externe sinkt der Anteil der Hinweise, die eventuell missbräuchlich sind, deutlich. Neben dem erwähnten Anstieg der eindeutig nicht missbräuchlichen Hinweise zeigt sich ebenso ein geringer Anstieg der eindeutig missbräuchlichen
Die Validität der Untersuchung ist bei dieser speziellen Frage begrenzt, da nur sechs Unternehmen externe Hinweisabgabe nicht zugelassen hatten.
Insgesamt erscheint jedoch die Aussage gerechtfertigt, dass eine Öffnung des Hinweisgebersystems für Externe nicht zu einem höheren Prozentsatz falscher Hinweise führt. Unternehmen und Dienststellen sind also gut beraten, ihr Hinweisgebersystem für Externe zu öffnen.
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Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Sollen Whistleblower finanzielle Anreize erhalten? Diese Frage haben wir auch schon in diesem Blog diskutiert. Ende 2021 erhielt ein Hinweisgeber eine Prämie in Höhe von 24 Mio. $. Ist das gerechtfertigt?
Der Fall über den Whistleblower
Das Manager-Magazin berichtete im November 2021 über einen spektakulären Whistleblowing-Fall:
Der südkoreanische Ingenieur Kim Gwang-ho, der 26 Jahre lang beim Automobilherstellers Hyundai beschäftigt war, hatte die Aufsichtsbehörden bereits im Jahr 2016 darauf hingewiesen, dass der Konzern offenbar zu wenig gegen einen Motorfehler tue, der zu Unfällen führen könnte. Nun zahlt ihm die US-amerikanische Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration) mehr als 24 Millionen Dollar. Das ist die höchste Whistleblower-Prämie, die jemals in der Autoindustrie gezahlt wurde. Für die Behörde war es gleichwohl kein Verlustgeschäft: Hyundai musste eine Strafzahlung über mehr als 200 Mio. € leisten, da das Unternehmen es versäumt hatte, insgesamt mehr als 1,6 Millionen Fahrzeuge rechtzeitig zurückzurufen.
Die Motivation von dem Whistleblower
Der Ingenieur selbst hält den Betrag nicht für zu hoch. Er habe seitdem viel erlitten, seine Stelle aufgegeben sowie den Kontakt zu langjährigen Kollegen abgebrochen.
Mit dem Geld will er nun eine Stiftung zur Förderung einer verantwortungsvollen Firmenkultur gründen und mit einem YouTube-Kanal künftig Menschen beibringen, wie sie Fehlverhalten aufdecken können.
Die Beurteilung des Falls
Dass eine hinweisgebende Person aus einer Meldung von Fehlverhalten keine Nachteile erleiden darf, ist unumstritten. Diskussionswürdig bleibt jedoch, wie hoch die aus einer Meldung resultierenden finanziellen Vorteile sein dürfen. Die in diesem Fall gezahlte Prämie in Höhe von 24 Mio. $ ist höher, als es das gesamte kumulierte Einkommen des Ingenieurs in seinem Berufsleben gewesen wäre.
Für die Behörden ergeben sich aus diesem Vorgehen zwei Vorteile. Erstens resultiert aus dem Aufdecken des Fehlverhaltens ein hoher Gewinn, da die Strafzahlungen des Unternehmens die Whistleblower-Prämie deutlich übersteigen. Zweitens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass in Anbetracht der hohen Prämie künftig vermehrt Fehlverhalten von Unternehmen gemeldet wird.
Aber es resultieren auch Nachteile aus diesem Vorgehen. So tut sich z.B. eine Kluft auf zwischen „Corporate Misconduct“ und Fraud. Für Hinweise auf Fälle, bei denen das Unternehmen oder die Dienststelle Täter sind, gibt es Prämien. Bei Fällen, bei denen das Unternehmen oder die Dienststelle Opfer sind, z.B. Fraud von mitarbeitenden Personen, wir es keine staatlichen Prämien geben. Prämien vom Unternehmen bzw. der Dienststelle könnten dieses Ungleichgewicht ausgleichen.
Insgesamt würde hierdurch jedoch der Eindruck entstehen, dass Whistleblowing ein Geschäft ist. Dies kann zu einer vorschnellen und weniger sorgfältigen Abgabe von Hinweisen führen. Das Risiko von Falschmeldungen dürfte somit steigen.
Zusammenfassung
Extrem hohe Prämien für Whistleblower fördern einerseits die Bereitschaft zur Meldung von Fehlverhalten des Unternehmens oder der Dienststelle. Ein nachfolgender Arbeitsplatzverlust oder andere potenzielle schwerwiegende Nachteile werden sozusagen „eingepreist“. Andererseits übersteigen derart extreme Prämien das Lebenseinkommen vieler im Unternehmen oder der Dienststelle beschäftigter Personen. In deren Augen wird das Hinweisgebersystem zu einem Instrument, mit dessen Hilfe man schnell reich werden kann. Der Anteil falscher Meldungen wird steigen.
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Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Hinweisgebersystem – mehr Anonymität, mehr Missbrauch?
Sollen Hinweise in einem Hinweisgebersystem auch anonym abgegeben werden können? Wohl kaum eine andere Frage wird im Zusammenhang mit Hinweisgebersystemen intensiver diskutiert. Aber was sind die Befürchtungen im Hinblick auf eine anonyme Hinweisabgabe und bestätigen sich diese Befürchtungen in der Praxis? Antwort hierauf gibt eine empirische Untersuchung.
Anonyme Hinweisabgabe
Nennt eine hinweisgebende Person bei der Hinweisabgabe nicht ihren Namen, so spricht man von anonymer Hinweisabgabe. Hauptgrund für eine anonyme Hinweisabgabe ist der Wunsch der hinweisgebenden Person sich nachfolgend „keinen Ärger einzuhandeln“, denn in vielen Fällen beinhaltet ein Hinweis auf Fehlverhalten ja konkrete Anschuldigungen gegen eine andere Mitarbeiterin oder einen anderen Mitarbeiter des Unternehmens oder der Dienststelle. Und leider kommt es ja mitunter vor, dass Whistleblower nach der Hinweisabgabe Nachteile erleiden müssen.
Andererseits wird anonymen Hinweisgebern mitunter unterstellt, dass häufig Falschmeldungen abgegeben werden. Denn wenn Wahres ausgesprochen wird, so die Unterstellung, kann man das ja ohne Furcht vor Repressalien offen unter Nennung des eigenen Namens tun.
Aber stimmt das eigentlich, dass anonyme Hinweise öfter falsch sind als offene?
Dr. Martin Walter, geschäftsführender Gesellschafter der Hinweisgebersystem24 GmbH, hat als Lehrbeauftragter der TU Dresden eine empirische Untersuchung durchgeführt zum Thema „Missbrauch von Hinweisgebersystemen“. Diese ist 2021 publiziert worden in „Ruhmannseder/ Behr/ Krakow (Hrsg.), Hinweisgebersysteme“. Das Ergebnis der Untersuchung basiert auf den Antworten von 43 Unternehmen.
Zunächst jedoch wird noch einmal der Begriff „Missbrauch eines Hinweisgebersystems“ definiert.
Definition
In vorherigen Blogs hatten wir bereits definiert, was man unter Missbrauch versteht.
Der Missbrauch eines Hinweisgebersystems ist die bewusst falsche Meldung eines unterstellten Fehlverhaltens einer im Unternehmen oder der Dienststelle beschäftigten Person.
Nicht als Missbrauch zu werten sind hingegen
die Abgabe eines unwissentlich falschen Hinweises und
die Abgabe einer Meldung im falschen Meldekanal; so kommt es beispielsweise häufig vor, dass in einem Hinweisgebersystem fälschlicherweise Kundenbeschwerden abgegeben werden.
Das Ergebnis
Die empirische Untersuchung kommt zu einem auf den ersten Blick überraschenden Ergebnis:
Sowohl bei anonymer als auch bei nicht-anonymer Hinweisabgabe liegt der Prozentsatz eindeutig nicht missbräuchlich abgegebener Hinweise identisch bei 84%.
Das oft vorhandene intuitive Gefühl, dass bei anonymen Hinweisen häufiger Missbrauch vorliegt, hat die empirische Untersuchung somit nicht bestätigt. Natürlich ist eine offene Hinweisabgabe aus unternehmenskultureller und ermittlungstechnischer Hinsicht wünschenswert, aber Unternehmen und Dienststellen sind in Anbetracht dieses Ergebnisses gut beraten, erstens auch anonyme Meldungen zuzulassen und diese zweitens genauso sorgfältig zu untersuchen und auszuwerten wie offene Hinweise.
Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Hinweisgeberschutz: Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland
Bis zum 17.12.2021 hätte Deutschland ein Hinweisgeberschutzgesetz schaffen müssen durch das Hinweisgeber besser geschützt werden. Diese Frist ist verstrichen und inzwischen hat die EU-Kommission ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.
Der neue Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat bislang noch keinen Gesetzentwurf vorgelegt. Der Entwurf werde „so schnell wie möglich“ kommen, teilte das Ministerium dem Handelsblatt auf Anfrage mit.
Lesen Sie zum Thema auch die Stellungnahme von Transparency International Deutschland:
Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Hinweisgebersystem – wieviel Prozent der Meldungen sind missbräuchlich?
Ein Hinweisgebersystem ist ein Instrument, um frühzeitig Fehlverhalten im Unternehmen oder der Dienststelle zu entdecken und Schaden zu verhindern bzw. zu minimieren. Aber dieses Instrument kann auch missbraucht werden. Die zentrale Frage ist somit, wie häufig das vorkommt. Sind bewusst falsche Meldungen bedauerliche Einzelfälle oder stellen sie doch einen hohen Prozentsatz der Meldungen dar? Antwort gibt eine empirische Untersuchung.
Definition
In einem vorherigen Blog hatten wir bereits definiert, was man unter Missbrauch versteht.
Der Missbrauch eines Hinweisgebersystems ist die bewusst falsche Meldung eines unterstellten Fehlverhaltens einer im Unternehmen oder der Dienststelle beschäftigten Person.
Nicht als Missbrauch zu werten sind hingegen
die Abgabe eines unwissentlich falschen Hinweises und
die Abgabe einer Meldung im falschen Meldekanal; so kommt es beispielsweise häufig vor, dass in einem Hinweisgebersystem fälschlicherweise Kundenbeschwerden abgegeben werden.
Die empirische Untersuchung
Dr. Martin Walter, geschäftsführender Gesellschafter der Hinweisgebersystem24 GmbH, hat als Lehrbeauftragter der TU Dresden eine empirische Untersuchung durchgeführt zum Thema „Missbrauch von Hinweisgebersystemen“. Diese ist 2021 publiziert worden in „Ruhmannseder/ Behr/ Krakow (Hrsg.), Hinweisgebersysteme“. Das Ergebnis der Untersuchung basiert auf den Antworten von 43 Unternehmen.
Das Ergebnis
Bei 84% der Hinweise liegt nach Aussage der teilnehmenden 43 Unternehmen mit Sicherheit kein Missbrauch vor. Bei 6% der Hinweise blieb bis zum Ende der Untersuchungen unklar, ob es sich um Missbrauch handelte. Als Kernaussage lässt sich somit festhalten:
Fast 90% aller Hinweise werden in guter Absicht abgegeben.
Dieser hohe Prozentsatz unterstreicht eindrucksvoll die Berechtigung und Bedeutung von Hinweisgebersystemen. Richtig eingesetzt leisten sie einen großen Beitrag zum frühzeitigen Erkennen von Fehlverhalten im Unternehmen oder der Dienststelle.
Gleichzeitig bedeutet das Ergebnis aber auch, dass rund 10% der Hinweise bewusst falsch abgegeben werden. Hieraus gilt es, einige Lehren zu ziehen:
Den Mitarbeitenden muss durch geeignete Kommunikationsmaßnahmen deutlich gemacht werden, dass das Unternehmen oder die Dienststelle mit der Einrichtung eines Hinweisgebersystems einen Vertrauensvorschuss gibt, den es zu rechtfertigen gilt.
Ebenso muss kommuniziert werden, dass der Missbrauch des Systems durch eine bewusste Falschmeldung ein schwerwiegender Complianceverstoß ist, der entsprechend sanktioniert wird.
In Hinweisen beschuldigte Personen müssen bis zum Beweis des Gegenteils zwingend als unschuldig gelten. Die Meldung kann ja bewusst falsch sein oder in guter Absicht abgegeben worden sein, aber letztlich doch unzutreffend.
Zusammenfassung
Fast 90% aller Hinweise werden in guter Absicht abgegeben. Das Instrument „Hinweisgebersystem“ bewährt sich also. Aus der Tatsache, dass 10% der Meldungen bewusst falsch sind, müssen entsprechende Konsequenzen für die interne Kommunikation und das Fallmanagement gezogen werden.
Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Ein Hinweisgebersystem ist ein Instrument, um frühzeitig Fehlverhalten im Unternehmen oder der Dienststelle zu entdecken und Schaden zu verhindern bzw. zu minimieren. Aber kann dieses Instrument nicht auch missbraucht werden? Diese Frage stellen sich viele Unternehmen und Dienststellen, die sich mit der Einführung eines Hinweisgebersystems befassen.
Definition und mögliche Gründe für einen Missbrauch von einem Hinweisgebersystem
Stellen wir zunächst die Frage, was man unter Missbrauch versteht.
Definition: Der Missbrauch eines Hinweisgebersystems ist die bewusst falsche Meldung eines unterstellten Fehlverhaltens einer im Unternehmen oder der Dienststelle beschäftigten Person.
Nicht als Missbrauch zu werten sind hingegen
die Abgabe eines unwissentlich falschen Hinweises und
die Abgabe einer Meldung im falschen Meldekanal; so kommt es beispielsweise häufig vor, dass in einem Hinweisgebersystem fälschlicherweise Kundenbeschwerden abgegeben werden.
Was können Gründe sein für einen Missbrauch eines Hinweisgebersystems? Die Gründe können höchst unterschiedlicher Art sein, etwa
die bewusste Schädigung der im Hinweis beschuldigten Person,
Langeweile am Arbeitsplatz,
die Schädigung eines Wettbewerbers – wenn ein Lieferant einen Hinweis abgibt,
die hinweisgebende Person will sich durch die Abgabe eines falschen Hinweises schützen – das Hinweisgeberschutzgesetz sieht im bisherigen Entwurf eine Beweislastumkehr vor bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung über Benachteiligungen einer hinweisgebenden Person nach der Hinweisabgabe.
Die Konsequenzen der Missbrauchsgefahr von einem Hinweisgebersystem
Die wichtigste Konsequenz für Unternehmen und Dienststellen ist sicherlich: Es gilt die Unschuldsvermutung! Da Hinweise wie dargestellt bewusst oder unbewusst falsch sein können, muss eine im Hinweis beschuldigte Person bis zum Beweis des Gegenteils als unschuldig gelten. Nichts ist für das Ansehen des Instruments „Whistleblowing“ schädlicher als die Benachteiligung einer Person, die sich im Nachhinein als unschuldig erweist.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang darüber hinaus eine geeignete interne Kommunikation, die einerseits die Mitarbeitenden darum bittet, nur zutreffende Hinweise abzugeben und andererseits aber auch unmissverständlich darauf hinweist, dass der Missbrauch eines Hinweisgebersystems selbst ein schwerwiegender Complianceverstoß ist und daher entsprechend sanktioniert wird.
Zusammenfassung
Ein Hinweisgebersystem kann aus unterschiedlichsten Gründen missbraucht werden. Wichtig ist daher die Beachtung der Unschuldsvermutung nach Eingang eines Hinweises und vorab – quasi zur Abschreckung – eine geeignete interne Kommunikation der nach einem Missbrauch drohenden Sanktionen.
Missbrauch von Hinweisgebersystemen kommt vor. Wie häufig bzw. wie selten dies geschieht, wird Thema eines der nächsten Blogbeiträge sein.
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Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Wozu brauche ich ein Hinweisgebersystem? Diese Frage stellen sich aktuell viele Unternehmen und Dienststellen. Gute Antworten gibt Dr. Michael Nuster, Gründer der Firma inecos in Wien.
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Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Die EU Directive Whistleblowing ist in Kraft. Die Umsetzung in nationales Recht ist bisher nicht erfolgt. Welche Regelungen gelten denn nun?
Während die EU Directive Whistleblowing seit 2019in Kraft ist, ist die Umsetzung in nationales Recht in Deutschland bisher nicht erfolgt. Dies hätte eigentlich bis zum 17.12.2021 erfolgen müssen. Hieraus resultieren Rechtsunsicherheiten.
Der aktuelle Stand in Deutschland
Die große Koalition hat sich bis zum Ende der abgelaufenen Legislaturperiode nicht auf ein neues Hinweisgeberschutzgesetz einigen können. Eigentlich hätte die Umsetzung bis zum 17.12.2021 erfolgen müssen, dies gelang jedoch nicht. Zwar wurde vom SPD-geführten Justizministerium ein vieldiskutierter Referentenentwurf vorgelegt, nicht alle Passagen fanden jedoch die Zustimmung der CDU/ CSU.
Die neue Koalition hat sich im Koalitionsvertrag eindeutig zum Hinweisgeberschutz bekannt (Zitat):
„Wir setzen die EU-Whistleblower-Richtlinie rechtssicher und praktikabel um. Whistleblowerinnen und Whistleblower müssen nicht nur bei der Meldung von Verstößen gegen EU-Recht vor rechtlichen Nachteilen geschützt sein, sondern auch von erheblichen Verstößen gegen Vorschriften oder sonstigem erheblichen Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt. Die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen wegen Repressalien gegen den Schädiger wollen wir verbessern und prüfen dafür Beratungs- und finanzielle Unterstützungsangebote.“
Es ist also nicht eine Frage des „ob“, sondern nur des „wann“, wann das neue Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft treten wird.
Wie ist die aktuelle rechtliche Situation zu beurteilen?
In der derzeitigen Situation stellt sich die Frage, ob zumindest Teile der EU Directive Whistleblowing in Deutschland unmittelbar gelten. Besonders wichtig ist die Frage, ob sich Hinweisgeber derzeit unmittelbar auf die EU-Richtlinie berufen können, wenn sie benachteiligt werden.
Europäische Richtlinien können nach Ablauf ihrer vorgegebenen Umsetzungsfrist – und dieser Fall ist ja jetzt eingetreten – auch ohne nationales Umsetzungsgesetz anwendbar sein. Dies gilt, wenn die Bestimmungen in der EU Directive so eindeutig sind, dass sie keiner weiteren Konkretisierung durch den nationalen Gesetzgeber bedürfen. Dann ist – jedenfalls im Verhältnis zwischen Bürger und Staat – von einer unmittelbaren Anwendbarkeit auszugehen, obwohl eigentlich nur die Mitgliedstaaten Adressaten der EU-Richtlinie sind. Betroffene Bürger können sich somit bei einschlägiger Verletzung ihrer Rechte gegenüber dem Staat auf die EU Directive berufen, auch wenn es keine Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht gegeben hat.
Stehen sich allerdings zwei privateParteien wie etwa Arbeitgeber und Arbeitnehmender gegenüber, so ist die unmittelbare Anwendbarkeit der EU-Richtlinie umstritten. Es spricht viel dafür, dass in diesem Fall der Pflicht für Unternehmen zur Einrichtung eines internen Meldekanals für Whistleblower gemäß der EU Directive Whistleblowing formal keine Direktwirkung zukommt, sich Betroffene/ Hinweisgeber vor Arbeitsgerichten aber bereits heute auf den durch die EU-Directive Whistleblowing normierten Schutz vor Repressalien berufen können. Dies gilt jedenfalls, soweit es in den Verfahren um Verstöße gegen EU-Recht geht.
Man kann eine gewisse Analogie zu den relativ neuen EUGH-Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung ziehen. Auch diese werden von Deutschen Arbeitsgerichten zur Grundlage ihrer Rechtsprechung gemacht, obwohl es weiterhin an einer nationalen gesetzlichen Umsetzung der Vorgaben fehlt.
Konsequenzen für Unternehmen und Dienststellen
In Anbetracht der Tatsache, dass das Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes in Deutschland mit großer Wahrscheinlichkeit in diesem Jahr erfolgen wird und der existierenden Rechtsunsicherheit über eine unmittelbare Wirkung der EU Directive kann Unternehmen angeraten werden, die Implementierung eines Hinweisgebersystems nicht länger hinauszuschieben. Dies gilt noch mehr für Dienststellen, da für diese bereits heute von einer unmittelbaren Anwendbarkeit auszugehen ist.
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Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
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