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Hinweisgeberschutzgesetz – Beweislastumkehr bei Sanktionen

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Interne Meldestelle, Meldekanäle, Rechtliche Aspekte
13.06.23

Eine hinweisgebende Person erleidet nachfolgend Sanktionen. Wie ist die rechtliche Situation zu beurteilen?

Die bisherige rechtliche Situation

Schon heute gibt es gesetzliche Regelungen, die sicherstellen sollen, dass Beschäftigte ihre Rechte ohne Furcht vor Repressalien durch den Arbeitgeber ausüben können. Im Mittelpunkt steht hier das Maßregelungsverbot gemäß § 612a BGB. Im Hinblick auf das Whistleblowing wägt das Bundesarbeitsgericht (BAG) derzeit ab zwischen dem Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers und dem Interesse der beschäftigten Person an der Meldung eines Fehlverhaltens. Allerdings hat das BAG in diesem Zusammenhang bisher keine klaren Leitlinien statuiert, sondern entscheidet vielmehr im Einzelfall.

Das hat zur Konsequenz, dass die hinweisgebende Person mit einer großen Rechtsunsicherheit konfrontiert ist. Es ist für sie nur schwer einzuschätzen, ob die Meldung des Missstands rechtlich zulässig ist oder nicht. Vor diesem Hintergrund wird sich mancher Whistleblower gegen eine Meldung entscheiden.

Die künftige rechtliche Situation laut Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)

Im vorliegenden Referentenentwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes wird in § 36 das Verbot von Repressalien gegen Whistleblower geregelt. Wörtlich:

„Erleidet eine hinweisgebende Person nach einer Meldung oder Offenlegung eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit, so wird vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie ist. In diesem Fall hat die Person, die die hinweisgebende Person benachteiligt hat, zu beweisen, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basiert oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruht.“

Das Unternehmen oder die Dienststelle muss also beweisen, dass die Meldung nicht kausal für die Benachteiligung war. Die Beweislast wird somit umgekehrt.

Während hierdurch die Rechtssicherheit des Hinweisgebers deutlich erhöht wird, wird es für den Beschäftigungsgeber künftig erheblich schwieriger, Sanktionen gegen Whistleblower zu verhängen.

Diese neue rechtliche Situation ist eindeutig zu begrüßen. Allerdings muss auch eine hieraus resultierende Missbrauchsgefahr zur Kenntnis genommen werden: Beschäftigte können durch Abgabe eines Hinweises künftig erreichen, dass sie nur schwer gekündigt oder versetzt werden können. Dieser Gefahr wirkt zumindest teilweise § 38 HinSchG entgegen. Dort wird geregelt, dass die hinweisgebende Person zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen entstanden ist.

Konsequenzen für Unternehmen und Dienststellen

In erster Linie sind Unternehmen und Dienststellen natürlich gut beraten, keinerlei Sanktionen gegen hinweisgebende Personen auszusprechen. Ansonsten greift nach § 36 HinSchG die Verpflichtung zum Schadenersatz.

Darüber hinaus erscheint es jetzt noch sinnvoller, eine Dokumentation der Leistungen von Personen zu führen, die künftig eventuell z.B. gekündigt oder nicht einvernehmlich versetzt werden sollen. Nur dann kann in einem nachfolgenden möglichen Arbeitsgerichtsprozess der Nachweis geführt werden, dass die ergriffene Maßnahme nicht auf der Meldung beruht, sondern berechtigte dienstliche Gründe hat.

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Post by Stephan Rheinwald

Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Whistleblowing – Hinweisgeberschutz und Datenschutz

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Meldestelle und Datenschutz
18.01.22

Die Vertraulichkeit der Identität hinweisgebender Personen einerseits und personenbezogene Daten andererseits: beide werden geschützt. Aber passt das überhaupt zusammen?

Grundsätzliche datenschutzrechtliche Überlegungen bei der Einführung eines Hinweisgebersystems

Schon lange ist darüber diskutiert worden, ob Hinweisgebersysteme mit dem geltenden Datenschutzrecht kompatibel sind. In letzterem gilt nämlich ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, d.h., dass personenbezogene Daten nur dann verarbeitet werden dürfen, wenn hierfür eine Rechtsgrundlage besteht.

So ist eine Verarbeitung u.a. dann rechtmäßig, wenn

  • eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt,
  • die Verarbeitung zur Vertragserfüllung notwendig ist,
  • die Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung notwendig ist ODER
  • wenn die Verarbeitung zur Wahrung des berechtigten Interesses des Datenverarbeiters oder eines Dritten notwendig ist – sofern nicht die berechtigten Interessen der betroffenen Person überwiegen.

Bisher wird als rechtliche Grundlage in der Regel das berechtigte Interesse des Unternehmens an der Kenntnis von Fehlverhalten angeführt. Durch die o.a. Einschränkung – sofern nicht die berechtigten Interessen der betroffenen Person überwiegen – verbleibt jedoch immer eine Rechtsunsicherheit.

Nach Einführung des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) wird die Rechtslage eindeutig sein. § 12 beinhaltet die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle. Nach § 10 sind Meldestellen zudem explizit befugt, personenbezogene Daten zu verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

Die Verarbeitung personenbezogener Daten in einem Hinweisgebersystem ist künftig also rechtlich verpflichtend und somit eindeutig rechtmäßig. Allerdings besteht die Informationspflicht gegenüber betroffenen Personen, also gegenüber den Personen, deren Daten im System verarbeitet werden, weiter. Näher zu betrachten bleibt somit weiterhin das Verhältnis von Vertraulichkeit des Hinweisgebers zu dieser Informationspflicht gegenüber den betroffenen Personen.

Das Vertraulichkeitsgebot im Hinweisgeberschutzgesetz

Einer der wichtigsten Punkte des im Referentenentwurf vorliegenden Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) ist das Vertraulichkeitsgebot in § 8. Hiernach muss die Vertraulichkeit der Identität der folgenden Personen gewahrt werden:

  • der hinweisgebenden Person
  • der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind und
  • der sonstigen in der Meldung genannten Personen.

Die Wahrung der Vertraulichkeit ist deshalb so wichtig, weil sich die hinweisgebende Person darauf verlassen können muss, dass ihr aus der Hinweisabgabe kein Schaden entsteht, in dem sie sich z.B. Anfeindungen durch die in der Meldung genannten Personen ausgesetzt sieht. Bestehen Zweifel an der Wahrung der Vertraulichkeit, wird einen Meldung mit hoher Wahrscheinlichkeit erst gar nicht abgegeben oder aber anonym.

Daher gibt es im HinSchG nur eng begrenzte Ausnahmen vom Vertraulichkeitsgebot. Die Identität der hinweisgebenden Person darf lt. § 9 weitergegeben werden

  • auf Verlangen von Strafverfolgungsbehörden,
  • auf Grund einer Anordnung in einem Verwaltungsverfahren oder einer gerichtlichen Entscheidung.

Informationspflicht nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO)

In Art. 14 der DSGVO ist geregelt, dass eine betroffene Person – in diesem Zusammenhang insbesondere die Person, die Gegenstand einer Meldung ist – spätestens nach einem Monat über den Inhalt der Meldung und die Quelle der Daten zu informieren ist.

Diese Informationspflicht lt. DSGVO steht ganz offensichtlich im Widerspruch zum Vertraulichkeitsgebot des Hinweisgeberschutzgesetzes.

Dieser Konflikt wird jedoch größtenteils aufgelöst durch §29 Abs.1 des Bundesdatenschutzgesetzes:

Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 14 Absatz 1 bis 4 der Verordnung (EU) 679/2016 besteht ergänzend zu den in Artikel 14 Absatz 5 der Verordnung (EU) 679/2016 genannten Ausnahmen nicht, soweit durch ihre Erfüllung Informationen offenbart würden, die ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen.

Unter die im BDGS genannten berechtigten Interessen eines Dritten fällt das Interesse der hinweisgebenden Person an der Vertraulichkeit seiner Identität. Allerdings bleibt unklar, ob in jedem Einzelfall eine Interessenabwägung mit den Interessen des Betroffenen vorgenommen werden muss. Somit verbleiben Restzweifel, dass die Vertraulichkeit in jedem Fall gewährleistet werden kann. Ein dem Hinweisgeber zugesagter Schutz der Vertraulichkeit seiner Identität ist jedoch bei einer ggfs. vorzunehmenden Interessenabwägung zu berücksichtigen und erhöht das Schutzniveau des Hinweisgebers.

Im Falle bewusst oder grob fahrlässig falscher Meldungen auf Fehlverhalten entfällt selbstverständlich der Schutz der Vertraulichkeit des Hinweisgebers.

Datenlöschung

Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn sie für den jeweiligen Zweck nicht mehr erforderlich sind. Das gilt auch für die Daten in einem Hinweisgebersystem.

Ist eine Untersuchung vollständig abgeschlossen und werden die Daten nicht mehr für weitere rechtliche Schritte, wie z.B. ein gerichtliches Verfahren oder eine arbeitsrechtliche Kündigung, benötigt, sind sie innerhalb von zwei Monaten zu löschen.

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Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Warum Hinweisgeberschutz wichtig ist – Die Lehren aus dem Fall Wirecard

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Falluntersuchung/ Investigation, Folgemaßnahmen und Meldestelle
26.10.21

Pav Gill heißt der Whistleblower, der die Aufdeckung des größten deutschen Finanzskandals „Wirecard“ in Gang setzte. Geschützt hat ihn niemand und selbst auf ein „Dankeschön“ aus Deutschland wartet er bis heute.

Selten hat man die Möglichkeit, die Motivation eines Whistleblowers und die aus der Hinweisabgabe resultierenden Konsequenzen im Detail nachzuvollziehen. Die Zeitschrift „CompliancePraxis“ hat in der Ausgabe 3/ 2021 ein Interview mit Pav Gill veröffentlicht, das diese Einblicke ermöglicht.

Die Ausgangslage

Pav Gil war Senior Legal Counsel für elf Länder in der Region Asia Pacific. In dieser Funktion sprach ihn eine Mitarbeiterin des Finanzbereichs in Singapur an und berichtete, dass sie vom Unternehmen gezwungen worden sei, illegal zu handeln. Pav Gill wahrte die Anonymität der Hinweisgeberin und gab den Hinweis an einen Mitarbeiter des zentralen Compliance Office in Deutschland weiter. Mit dessen Genehmigung setze er eine forensische Untersuchung in Gang, die deutliche Hinweise auf Fehlverhalten und kriminelle Handlungen einzelner Mitarbeiter ergab.

Das Verhalten des Unternehmens Wirecard

Der forensische Bericht gelangte schließlich in den Wirecard-Vorstand. Das Vorstandsmitglied Marsalek – wie sich hinterher herausstellen sollte, einer der Haupttäter – übernahm persönlich den Fall. Die Untersuchung wurde kurzfristig beendet und Gill wurde gezwungen das Unternehmen zu verlassen.

Die Konsequenzen für den Whistleblower

Nicht nur, dass Gill seinen Job verloren hatte: Wirecard versucht danach, ihn persönlich zu diskreditieren, um ihm die Aufnahme einer neuen Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber unmöglich zu machen.

In dieser schwierigen Situation wandte sich Pav Gills Mutter – also nicht er selbst – an die Presse. Ihr eigentliches Ziel war es, die Rufschädigung ihres Sohnes zu beenden. Die nachfolgenden Gespräche mit der Financial Times führte dann natürlich Pav Gill selbst.

Warum ein Hinweisgeberschutzgesetz zwingend erforderlich ist

Der Fall Wirecard stellt aus Sicht eines Whistleblowers den Worst-Case dar: Der Haupttäter übernimmt die Leitung der Untersuchung und schädigt nachfolgend massiv den Hinweisgeber. Hier wird deutlich, welche Bedeutung dem Hinweisgeberschutz zukommt.

Das Hinweisgeberschutzgesetz, das in einem Referentenentwurf vorliegt, sieht daher in §35 ein Verbot von Repressalien vor, verbunden mit einer Beweislastumkehr im nachfolgenden Streitfall. Mit anderen Worten: Erleidet eine hinweisgebende Person eine berufliche Benachteiligung, muss das Unternehmen bzw. die Dienststelle beweisen, dass die Benachteiligung nicht auf der Meldung oder der Offenlegung beruht. §36 sieht vor, dass der hinweisgebenden Person der resultierende Schaden zu ersetzen ist. Darüber hinaus kann eine Geldbuße bis zu hunderttausend Euro verhängt werden. Allerdings macht der Fall Wirecard auch deutlich, dass diese im Referentenentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz angedachte Maximalhöhe der Geldbuße viel zu niedrig angesetzt ist.

Das Verhalten der deutschen Behörden 

Der Bericht der Financial Times wurde auch der BaFin zugeleitet, die jedoch nur eine Untersuchung gegen den Reporter der Financial Times wegen versuchter Aktienkursmanipulation einleitete. Lassen wir zum Schluss mit einem Zitat aus dem Interview Pav Gill selbst zu Wort kommen:

„It´s a very odd situation. You have someone, who has helped to expose our country`s biggest ever fraud, but the country itself has not said: „We want to protect (or even thank) you, because you helped us out.“

Weitere Blogbeiträge über bekannte Whistleblower-Fälle finden Sie hier.

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Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.


 

Folgemaßnahmen im Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)

Veröffentlicht in Externe Meldestelle, Interne Meldestelle, Rechtliche Aspekte
10.08.21

Beschäftigungsgeber mit mehr als 250 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen müssen laut dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ab dem 17.12.2021 eine interne Meldestelle einrichten. Zusätzlich werden auf Bundes- und Landesebene externe Meldestellen eingerichtet. Eine der Aufgaben dieser Meldestellen ist es, bei Meldungen sogenannte Folgemaßnahmen zu ergreifen. Aber was ist das genau?

Der Referentenentwurf des HinSchG thematisiert an unterschiedlichen Stellen die zu ergreifenden Folgemaßnahmen:

Folgemaßnahmen der internen Meldestelle

  • § 17 des Referentenentwurfes zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) regelt das Verfahren beim Eingang interner Meldungen. Die interne Meldestelle
  • bestätigt der hinweisgebenden Person den Eingang der Meldung spätestens nach sieben Tagen,
  • hält mit der hinweisgebenden Person Kontakt,
  • prüft die Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung,
  • ersucht die hinweisgebende Person erforderlichenfalls um weitere Informationen und ergreift angemessene Folgemaßnahmen.
  • § 18 befasst sich dann ausschließlich mit den Folgemaßnahmen. Dies können insbesondere sein
  • interne Untersuchungen durchführen sowie betroffene Personen und Arbeitseinheiten kontaktieren; hier geht es also darum, nach der initialen Stichhaltigkeitsprüfung den Sachverhalt detailliert aufzuklären und die hierzu erforderlichen Informationen einzuholen,
  • die hinweisgebende Person an andere zuständige Stellen verweisen; dies ist z.B. dann erforderlich, wenn Meldungen eingehen, die nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes fallen,
  • das Verfahren aus Mangel an Beweisen oder aus anderen Gründen abschließen; sollte sich also der Sachverhalt trotz interner Untersuchungen nicht aufklären lassen oder stellt sich heraus, dass der gemeldete Sachverhalt nicht zutreffend war, dann ist das Verfahren einzustellen,
  • das Verfahren an eine zuständige Behörde zwecks weiterer Untersuchungen abgeben; dies ist sinnvoll, wenn der Sachverhalt im Rahmen interner Ermittlungen nicht aufzuklären ist, dies aber einer Behörde mit umfassenderen Ermittlungsbefugnissen gelingen könnte.

Interessant ist, was das Gesetz nicht unter Folgemaßnahmen versteht. Es sind dies Sanktionen und all die Maßnahmen, die implementiert werden müssen, damit sich ein ähnlich gelagerter Fall nicht in Kürze wiederholt. In der Praxis ist hier etwa zu denken an Kündigungen oder Schulungen. Dies sieht das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) offensichtlich nicht mehr in der Zuständigkeit der internen Meldestelle. Es muss dann aber klar geregelt sein, wer bzw. welche Abteilung hierfür verantwortlich ist. Der Anstoß hierzu kann aber prozessbedingt eigentlich nur von der internen Meldestelle kommen.

Folgemaßnahmen der externen Meldestelle

Drei der vier der in § 28 aufgeführten Folgemaßnahmen der externen Meldestelle sind identisch mit Folgemaßnahmen der internen Meldestelle:

  • die hinweisgebende Person an andere zuständige Stellen verweisen,
  • das Verfahren aus Mangel an Beweisen oder aus anderen Gründen abschließen und
  • das Verfahren an eine zuständige Behörde zwecks weiterer Untersuchungen abgeben.

Die Folgemaßnahme „Interne Untersuchungen durchführen“ ist bei einer externen Meldestelle jedoch nicht umsetzbar. Sie wird wie folgt ersetzt:

  • Die externe Meldestelle kann nach pflichtgemäßem Ermessen Auskünfte von den betroffenen natürlichen Personen, von dem betroffenen Beschäftigungsgeber oder der betroffenen Dienststelle, von dritten und von Behörden verlangen, soweit dies zur Überprüfung der Stichhaltigkeit erforderlich ist.
  • Ergänzend wird geregelt, dass für die Beantwortung des Auskunftsverlangens eine angemessene Frist einzuräumen ist, dass im Einklang mit der Strafprozessordnung das Zeugnis- und das Auskunftsverweigerungsrecht gelten und dass auf Antrag eine finanzielle Entschädigung von Zeugen gezahlt werden kann.

Im Unterschied zur internen Meldestelle wird für die externe Meldestelle in § 30 des Referentenentwurfs zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) der Abschluss des Verfahrens geregelt:

  • Weiterleitung an die jeweilige für Aufklärung, Verhütung und Verfolgung des Verstoßes zuständige Stelle, falls die externe Meldestelle nicht zuständig ist oder es ihr unmöglich ist, dem gemeldeten Verstoß weiter nachzugehen;
  • bei Geringfügigkeit Einstellung des Verfahrens;
  • dies ebenso, wenn keine neuen Tatsachen gemeldet werden.

Die hinweisgebende Person ist über den Ausgang des Verfahrens zu informieren.

Ähnlich wie bei der internen Meldestelle thematisiert das Gesetz auch bei der externen Meldestelle nicht detailliert, was zu tun ist, wenn ein Sachverhalt von der externen Meldestelle eigenständig aufgeklärt werden kann. Zu denken ist hier etwa an die Information der Beschäftigungsgeber, der betroffenen Personen oder ggfs. der Strafverfolgungsbehörden.

Zur Bedeutung von Folgemaßnahmen im Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)

In der Praxis kann die Bedeutung der Maßnahmen, die zur Sanktion des Fehlverhaltens oder zur Vermeidung künftigen Fehlverhaltens ergriffen werden, nicht überschätzt werden. Die Schäden aus Fehlverhalten für Finanzen und Reputation des Unternehmens oder der Dienststelle können groß sein. Daher sollte es zumindest das Ziel sein, aus den Fehlern zu lernen und durch angemessene Maßnahmen, wie z.B. Schulungen, neuen Regelungen bzw. Richtlinien und in schwerwiegenden Fällen auch personellen Maßnahmen künftiges Fehlverhalten zu verhindern oder doch zumindest deutlich zu erschweren.

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Post by Stephan Rheinwald

Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.

Allgemeine Vorschriften im Hinweisgeberschutzgesetz

Veröffentlicht in Allgemeines zum Thema Whistleblowing, Hinweisgeberschutz, Hinweisgebersysteme, Rechtliche Aspekte
19.03.21

In diesem Blogbeitrag stellen wir den Abschnitt 1 des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) vor, in dem es um Allgemeine Vorschriften geht.

Dort wird zu Beginn geregelt, wer unter den Schutz des HinSchG fällt. Im Grunde genommen werden drei Gruppen geschützt. Zum einen wird die hinweisgebende Person selbst geschützt. Zudem werden Personen, die Gegenstand einer Meldung sind von dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) geschützt. Nicht zuletzt fallen unter den Schutz des HinSchG auch sonstige Personen, die von einer Meldung betroffen sind. 

Meldungen vs. Offenlegungen

Das Gesetz gilt für Meldungen, als auch für Offenlegung von Informationen. Dabei wir der Unterschied zwischen einer Meldung und einer Offenlegung wie folgt definiert: Meldungen sind Mitteilungen von Informationen an interne oder externe Meldestellen. Offenlegung bezeichnet das Zugänglichmachen von Informationen über Verstöße gegenüber der Öffentlichkeit. 

Sachlicher Anwendungsbereich

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) konkretisiert weiterhin den sachlichen Anwendungsbereich, also über welche Verstöße eine Meldung abgegeben werden kann. Insbesondere kann eine Meldung über Verstöße, die straf- oder bußgeldbewehrt sind, abgegeben werde. Darüber hinaus gilt das Gesetz auch für die Meldung und die Offenlegung sonstiger Verstöße. Dazu zählen Verstöße gegen Rechtsvorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge, zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung, aus dem Bereich Umweltschutz, zur Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit und zum Datenschutz. Ein Whistleblower kann auch Meldungen abgeben über Verstöße zur Datensicherheit, gegen das Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes und gegen das Steuerrechts.

Informationen über Verstöße

Das Gesetz enthält weiter mehrere wichtige Begriffsbestimmungen. So wird definiert, was Informationen über Verstöße sind: Das sind begründete Verdachtsmomente oder Wissen über tatsächliche oder mögliche Verstöße sowie über Versuche der Verschleierung solcher Verstöße, die bereits begangen wurden oder sehr wahrscheinlich erfolgen werden. Weiter definiert das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), was Beschäftigte sind. Unter den Begriff der Beschäftigten fallen: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Auszubildende, Beamtinnen und Beamte, Tarifbeschäftigte, Richterinnen und Richter, Soldatinnen und Soldaten und in Heimarbeit Beschäftigte.

Abgrenzung zu anderen gesetzlichen Regelungen

Zum Abschluss des ersten Abschnittes des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) erfolgt eine Abgrenzung zu anderen gesetzlichen Regelungen. Zunächst wird klargestellt, dass es eine Reihe von spezifischen Regelungen über die Mitteilung von Verstößen gibt, die dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) vorausgehen. So sind u.a. folgende spezifische Regelungen erwähnt: das Geldwäschegesetz, das Kreditwesengesetz, das Wertpapierhandelsgesetz und die Wirtschaftsprüferordnung.

Sicherheitsinteressen, Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten

Weiter wird geregelt, dass Sicherheitsinteressen sowie Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten Vorrang vor dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) haben. Mit anderen Worten: nicht für alle Meldungen oder Offenlegungen kann Hinweisgeberschutz erwirkt werden. Sicherheitsinteressen, Verschwiegenheitspflichten und Geheimhaltungspflichten haben Vorrang, z.B.: militärische Belange, das richterliche Beratungsgeheimnis, Verschwiegenheitspflichten von Rechtsanwälten, Verteidigern oder Notaren und Verschwiegenheitspflichten von Ärzten oder Apothekern. Das heißt also, dass nach wie vor hierüber selbstverständlich nicht berichtet werden darf. Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) gilt in diesen Fällen nicht.

Daneben gibt es Fälle, bei denen trotz bestehender Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungspflichten Hinweisgeberschutz besteht. Dies allerdings nur, sofern die hinweisgebende Person hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass diese Meldung oder diese Offenlegung notwendig ist, um einen Verstoß aufzudecken. Dies betrifft z.B.

  • Geschäftsgeheimnisse
  • das Steuergeheimnis und
  • das Sozialgeheimnis

Es gibt also Bereiche, in denen das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) nicht gilt und es gibt Bereiche, in denen es trotz existierender Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungspflichten greift.

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Post by Martin Walter

Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH.