Nach dem Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes müssen Unternehmen und Dienststellen mit mehr als 49 Beschäftigten eine interne Meldestelle einrichten. Aber welche Aufgaben hat diese Stelle, wie ist sie zu organisieren und wie geht man mit den eingehenden Meldungen um?
1. Aufgaben einer Meldestelle
Zu den Aufgaben einer Meldestelle gehört zum einen das Betreiben der Meldekanäle, über die die Meldungen abgegeben werden können. Zum anderen prüft die Meldestelle die Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldungen. Sie kontrolliert demnach, ob eine Meldung begründet ist, ob also der eingegangene Hinweis hinreichend konkret und plausibel ist.
Weiterhin gehört zu den Aufgaben einer internen Meldestelle das Ergreifen von Folgemaßnahmen. Als Folgemaßnahmen können interne Meldestellen insbesondere interne Untersuchungen in der Organisation durchführen sowie betroffene Personen und Arbeitseinheiten kontaktieren. Eine mögliche Folgemaßnahme kann zudem das Abschließen des Verfahrens aus Mangel an Beweisen sein. Außerdem können die internen Meldestellen das Verfahren an eine zustände Behörde zwecks weiterer Untersuchungen abgeben.
Eine interne Meldestelle hat auch die Aufgabe, dass sie für Beschäftigte klar und leicht zugängliche Informationen über externe Meldeverfahren bereithält. Sie sorgt dafür, dass Beschäftigte auch über die externen Meldestellen, die beim Bund, bei den Ländern, bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und beim Bundeskartellamt eingerichtet werden, informiert sind.
2. Organisation der internen Meldestelle
Die Organisation einer internen Meldestelle spielt eine bedeutende und zentrale Rolle. Wichtig ist, dass die internen Meldestelle sowohl vom Unternehmen selbst als auch von einem externen Dienstleister betrieben werden kann. Wenn das Unternehmen die interne Meldestelle selbst betreibt, dann werden ihre Aufgaben durch eine beim Beschäftigungsgeber oder der Dienststelle beschäftigte Person oder durch eine interne Organisationseinheit übernommen.
Viele Unternehmen befassen sich mit der Frage, ob sie die interne Meldestelle auslagern oder selbst betreiben sollen. Das Outsourcing der internen Meldestelle hat jedenfalls mehrere Vorteile. Zum einen befasst sich eine Meldestelle mit sehr sensiblen Themen, für die viel Wissen und Erfahrung erforderlich ist. Hier hat der externe Partner, dessen Hauptaufgabe ja der Umgang mit dieser Thematik ist, deutliche Vorteile. Zum anderen gibt es auch Fälle, in denen sich die hinweisgebende Person eher an einen Dritten wenden möchte als an eine Stelle im Unternehmen. Diese Personen können dann die von einem Dritten betriebene interne Meldestelle ansprechen und müssen sich nicht an die staatlich betriebene externe Meldestelle oder gar die Öffentlichkeit wenden.
Nicht zuletzt muss das Unternehmen oder die Dienststelle, sobald es die Aufgaben der internen Meldestelle selbst übernimmt, eine qualifizierte Person einsetzten. Diese muss grundsätzlich unabhängig sein, was nicht zwingend bedeutet, dass diese Person sich ausschließlich mit der Thematik der internen Meldestelle befassen muss. Sie darf aber keinesfalls einem Interessenkonflikt ausgesetzt sein. Zu beachten ist, dass das Qualifikationserfordernis eine regelmäßige Schulung hinsichtlich der Aufgaben und Betreuung für die beauftragte Person erfordert. Bei der Beauftragung eines externen Dienstleisters fällt diese Schulung selbstverständlich weg. Die Kosten, die für die regelmäßige Schulung für die beauftragte Person entstehen, stellen auch einen nicht zu vernachlässigenden Aspekt dar.
3. Unterschied zwischen Meldekanal und Meldestelle
Das Hinweisgeberschutzgesetz verwendet neben dem Begriff „Meldestelle“ auch das Wort „Meldekanal“. Diese Wörter hören sich zunächst sehr ähnlich an. Dahinter verbirgt sich jedoch ein großer Unterschied: Grundsätzlich betreibt die interne Meldestelle den Meldekanal. Der Meldekanal beschreibt den technischen Weg, wie eine Meldung einer hinweisgebenden Person abgegeben werden kann. Dabei müssen interne Meldekanäle die Meldung in mündlicher oder in Textform ermöglichen. Zudem muss der hinweisgebenden Person eine persönliche Zusammenkunft mit der beauftragten Person der internen Meldestelle ermöglicht werden.
Die beauftragten Personen können den Meldekanal so gestalten, dass dieser auch natürlichen Personen offensteht, die im Rahmen ihrer Tätigkeit mit dem Beschäftigungsgeber oder der Dienststelle in Kontakt stehen. Das bedeutet konkret, dass auch Lieferanten oder Kunden in diesem Falle die Möglichkeit haben, Meldungen abzugeben. Ob die interne Meldestelle für diesen Personenkreis offensteht, liegt aber weiterhin im Ermessen des Unternehmens oder der Dienststelle.
4. Vertraulichkeit ist die Basis
Besonders hervorzuheben im Kontext der Meldekanäle ist das Thema Vertraulichkeit. Um diese gewährleisten zu können, darf nur die zuständige Person Zugang zu den eingegangenen Meldungen haben. Betreibt die Organisation die interne Meldestelle selbst, ist es zwingend erforderlich, dass eine Person mit der Aufgabe betraut wird, die sich durch besondere Vertrauenswürdigkeit auszeichnet. Wird die interne Meldestelle ausgelagert, muss der ausgewählte Dienstleister die Vertraulichkeit sicherstellen.
5. Umgang mit Meldungen
Viele Unternehmen stehen, sobald die erste Meldung eingeht, vor der schwierigen Frage, wie sie mit dieser Meldung umzugehen haben. Laut Hinweisgeberschutzgesetz muss spätestens nach 7 Tagen eine Eingangsbestätigung gesendet werden. Dies ist natürlich nur möglich, wenn die Meldung nicht anonym abgegeben worden ist. Die interne Meldestelle verfährt weiter, indem sie mit der hinweisgebenden Person Kontakt hält und die eingegangene interne Meldung einer Stichhaltigkeitsprüfung unterzieht. Es wird auch geprüft, ob der Hinweis einen Gesetzes- oder Regelverstoß beinhaltet. Soweit erforderlich und möglich versucht die interne Meldestelle bei der hinweisgebenden Person weitere Informationen einzuholen. Anschließend müssen sachgerechte Folgemaßnahmen ergriffen werden. Zuletzt ist die interne Meldestelle dazu verpflichtet der hinweisgebende Person innerhalb von drei Monaten eine Rückmeldung zu geben. Die Rückmeldung muss die Folgemaßnahmen und die Gründe für das Ergreifen dieser Folgemaßnahmen beinhalten. Eine Rückmeldung an die hinweisgebende Person darf jedoch nur erfolgen, soweit dadurch Ermittlungen nicht berührt oder Rechte der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind, nicht beeinträchtigt werden.
Best Practice Principles von Transparency International zur Ausgestaltung eines Hinweisgebersystems finden Sie hier. Detaillierte Informationen zur Funktionsweise eines Hinweisgebersystems finden Sie hier.
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Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Gibt es in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat? Wenn ja, dann ist dieser bei der betrieblichen Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes auf jeden Fall zu beteiligen. Und zwar schon deshalb, weil der Betriebsrat laut Betriebsverfassungsgesetz über die Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen wachen muss. Auch das Hinweisgeberschutzgesetz, das 2023 vom Kabinett beschlossen wurde, ist natürlich ein solches Gesetz.
Schon bei der Einführung des Gesetzes im Unternehmen sollte der Betriebsrat eingebunden werden. Denn nach § 80 Abs. 2 S. 1 BetrVG ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über alles zu unterrichten, was dieser für die Wahrnehmung seiner Aufgaben benötigt. Das soll dem Betriebsrat ermöglichen, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob Beteiligungsrechte bestehen oder ob sonstige Aufgaben wahrzunehmen sind.
Gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht in „Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb“. Während Vorgaben, die bei der Erbringung der Arbeitsleistung selbst zu beachten sind, mitbestimmungsfrei sind, da sie das Arbeitsverhalten konkretisieren, sind Anordnungen, die das Ordnungsverhalten betreffen mitbestimmungspflichtig. Diese dienen der Sicherung eines ungestörten Arbeitsablaufs oder der Gestaltung des Zusammenlebens und -wirkens der Arbeitnehmer im Betrieb. Werden also im Zuge der Einführung eines Hinweisgebersystems die ohnehin bestehenden, arbeitsvertraglichen Hinweispflichten ausgedehnt oder Regelungen bezüglich des konkreten Meldeverfahrens eingeführt, ist das Ordnungsverhalten betroffen und der Betriebsrat ist einzubeziehen.
Auch sind im Hinweisgeberschutzgesetz zwar Einrichtung, Organisation und Arbeitsweise der internen Meldestelle umfassend beschrieben. Doch beim Thema “Meldekanäle” wird das Eis schon merklich dünner. Das Gesetz sieht in diesem Zusammenhang lediglich vor, dass dem Whistleblower die Möglichkeit einzuräumen ist, die Meldung an die interne Meldestelle in Textform oder mündlich abzugeben. Das kann natürlich auch über ein Kommunikationssystem (Telefon) oder über digitale Kanäle erfolgen – z.B. über software- oder webbasierte Lösungen.
Damit käme dann erneut § 87 BetrVG ins Spiel. Laut Abs. 1 Ziffer 6 hat der BR bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, mitzubestimmen. Die Formulierung “die dazu bestimmt sind” im BetrVG ist leider etwas irreführend. Nach der inzwischen sehr extensiven Rechtsprechung genügt für die Mitbestimmungspflicht schon die „objektive Eignung“ der Einrichtung, die Beschäftigten automatisiert und selbständig zu überwachen – unabhängig davon, ob der Arbeitgeber dies wirklich machen möchte.
Folglich wären alle “Whistleblowing-Systeme“ in der Mitbestimmung, bei denen beispielsweise die Telefonnummer des Anrufers aufgezeichnet, ein Telefonat mitgeschnitten oder bei denen die IP-Adresse gespeichert wird – z.B. bei der Meldung per E-Mail.
Die meisten Unternehmen (zumindest aber jene mit Betriebsrat) dürften die Nutzung von IT- und Kommunikationssystemen und die Verarbeitung der Daten in entsprechenden Betriebsvereinbarungen geregelt haben. Dennoch wäre das Hinweisgeberschutzgesetz sicher ein guter Anlass, die bestehenden Betriebsvereinbarungen zu IT und Kommunikation einmal näher unter die Lupe zu nehmen und auf den neuesten Stand zu bringen. Denn erfahrungsgemäß schlummern solche Regelungen in Betriebsvereinbarungen über Jahre hinweg friedlich zwischen Aktendeckeln, auf Datenspeichern oder in der Unternehmenscloud.
Die Folge ist, dass manchmal Dinge geregelt sind, für die man gar keine Regelung mehr braucht, weil die betreffenden IT- oder Kommunikationssysteme längst ausgemustert wurden. Umgekehrt werden im Unternehmen nicht selten Systeme betrieben, für die es noch gar keine Regelung gibt.
Stichwort interne Meldestelle: Auch bei der personellen „Ausstattung“ der Meldestelle könnten sich mitbestimmungspflichtige Tatbestände gemäß § 99 BetrVG ergeben. Dort ist die Mitwirkung des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen geregelt. Bei größeren Unternehmen kann die obligatorische Mitbestimmung bei Einstellungen eine Rolle spielen.
In kleineren Unternehmen wird der durch das Gesetz zu erwartende Mehraufwand die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze kaum rechtfertigen. Eher ist hier damit zu rechnen, dass Beschäftigte zusätzlich zu ihrer „normalen“ Tätigkeit mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Meldestelle betraut werden. Das Gesetz sieht das sogar ausdrücklich vor. Denkbar wäre es deshalb, die Funktionen der Meldestelle – soweit vorhanden – beim Compliance Officer anzusiedeln oder beim Datenschutzbeauftragten. Zu prüfen wäre dann allenfalls, ob es sich im konkreten Fall um eine Versetzung im Sinne des § 99 BetrVG handelt oder lediglich um eine „Aufgabenerweiterung“. Ein Versetzung läge vor, wenn die Zuweisung der „neuen“ Arbeitsaufgaben (also die Wahrnehmung der Aufgaben der Meldestelle) voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder die Arbeitsaufgaben von den bisherigen erheblich abweichen.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Arbeitgeber in einem Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten den Betriebsrat vor der Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Unterlagen vorzulegen und Auskunft über die beteiligten Personen zu geben. In bestimmten Fällen kann der BR die Zustimmung verweigern, wofür das BetrVG aber recht enge Grenzen setzt.
Wird eine Person versetzt, wäre denkbar, dass eine Umgruppierung – zum Beispiel eine Höhergruppierung – zu erfolgen hätte. Voraussetzung dafür ist, dass die Eingruppierung in einem Tarifvertrag geregelt ist oder, wenn das Unternehmen keiner Tarifbindung unterliegt, in einem betrieblichen Eingruppierungsschema.
All dies würde natürlich entfallen, wenn die interne Meldestelle durch einen externen Dienstleister betrieben wird – eine Möglichkeit, die das Gesetz explizit vorsieht.
Allgemein misst das BetrVG der beruflichen Fortbildung einen hohen Stellenwert zu. Genau das tut auch das Hinweisgeberschutzgesetz: Der Beschäftigungsgeber hat dafür Sorge zu tragen, dass die mit den Aufgaben der internen Meldestelle beauftragten Personen die notendige Fachkunde aufweisen.
Bezüglich der ggfs. erforderlichen Teilnahme an außerbetrieblichen Bildungsmaßnahmen (§ 96 Abs. 1, § 97 BetrVG) hat der Betriebsrat ein Recht auf Unterrichtung, Anhörung und Beratung sowie Vorschlagsrechte, allerdings kein Mitbestimmungsrecht. Ein Mitbestimmungsrecht räumt das BetrVG nur bei innerbetrieblichen Schulungsmaßnahmen ein. In diesem Fall kann der Betriebsrat die vom Arbeitgeber mit der Durchführung der Schulung beauftragte Person „ablehnen“, wenn diese offensichtlich nicht die dafür erforderliche fachliche oder persönliche Eignung besitzt.
Darüber hinaus sollte das Unternehmen allen Beschäftigten klare und leicht zugängliche Informationen zur internen Meldestelle und zum unternehmensinternen Hinweisgebersystem bereitstellen. Dies kann zum Beispiel über das Intranet des Unternehmens oder durch betriebsinterne Schulungen erfolgen. Entscheidet man sich für Schulungen, sind auch hier die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu wahren.
Im Sinne einer möglichst einheitlichen Regelung sollte die Abstimmung mit dem – soweit vorhanden – Konzern- bzw. Gesamtbetriebsrat erfolgen.
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Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Ist es gut, wenn kein Hinweis bei der internen Meldestelle eingeht?
Bei einer internen Meldestelle geht über einen längeren Zeitraum kein Hinweis auf Fehlverhalten ein. Es ist also alles in bester Ordnung! Wirklich?
Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht für Organisationen mit mehr als 50 Beschäftigten die Einrichtung einer internen Meldestelle vor. Deren Hauptaufgabe ist es Hinweise auf Fehlverhalten im Unternehmen oder der Dienststelle entgegenzunehmen, nachfolgend zu verarbeiten und Gegenmaßnahmen zu initiieren. Dadurch soll Schaden für das Unternehmen verhindert oder zumindest minimiert werden. Aber woran kann es liegen, wenn nach Einrichtung der internen Meldestelle keine Hinweise eingehen? Das kann mehrere Gründe haben.
Es gibt tatsächlich kein Fehlverhalten
Wenn es kein Fehlverhalten gibt, wird auch nichts gemeldet, insofern ist das natürlich der Idealzustand. Aber je mehr Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eine Organisation hat, desto wahrscheinlicher ist es schon rein statistisch, dass ein irgendwie geartetes Fehlverhalten auch tatsächlich vorkommt. In den meisten Fällen haben fehlende Meldungen daher andere Ursachen.
Die interne Meldestelle und ihre Aufgaben sind in der Organisation nicht bekannt
Nur wenn die Existenz und die Aufgabe der internen Meldestelle im Unternehmen oder der Dienststelle bekannt ist, können und werden auch Hinweise eingehen. Aus diesem Grund kommt der begleitenden internen Kommunikation bei der Einführung der internen Meldestelle eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Es ist einer der größten Fehler beim Aufbau von Meldestellen, umfangreich Ressourcen in die Diskussion und Festlegung technischer und personeller Aspekte zu investieren und anschließend die Begleitkommunikation zu vernachlässigen. Während in der Phase der Systemeinführung eine professionelle Kommunikationskampagne erforderlich ist, sind im weiteren Fortlauf nur noch einzelne, aber periodische Kommunikationsmaßnahmen notwendig. Zu denken ist hier zum Beispiel an einen Intranetbeitrag über die Anzahl eingegangener Meldungen.
Der Nutzen der Hinweise ist nicht bekannt
Bei genauerer Betrachtung ist dies ebenfalls ein Kommunikationsthema. Hinweise über Fehlverhalten sind ein wichtiges Instrument, Probleme rechtzeitig erkennen und frühzeitig Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Dass Meldungen im Unternehmen oder der Dienststelle positiv konnotiert sind und nicht negativ – etwa im Sinne von Anschwärzen – ist auch eine wichtige Aufgabe der Hinweisgeber-Kommunikation.
Falsche Unternehmenskultur
Eng damit verbunden ist die Tatsache, dass es Hinweis-fördernde Unternehmenskulturen gibt. Diese zeichnen sich insbesondere aus durch Transparenz, Lösungsorientierung und Fehlervermeidung. Die Vermittlung der Unternehmenskultur erfolgt sehr stark durch die oberste Führungseben der Organisation. Dem „Tone at the Top“, also den Aussagen der wichtigsten Führungskräfte über das Hinweisgebersystem kommt daher essenzielle Bedeutung zu. Nur wenn das System vom Top-Management öffentlich unterstützt wird, wird es auch genutzt werden.
Furcht vor Repressalien
Nur wenn die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen keine Repressalien wegen einer Hinweisabgabe zu fürchten haben, werden sie auch Meldungen abgeben. Daher muss das Unternehmen oder die Dienststelle unmissverständlich kommunizieren, dass ein gutgläubiger Hinweisgeber unter keinen Umständen Repressalien zu befürchten hat. Umgekehrt ist auch klar: sollte ein Hinweisgeber Repressalien erlitten haben und wird dies in der Organisation bekannt, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit keine weiteren Hinweise mehr geben. Allein anonyme Hinweise sind dann noch denkbar.
Technische Systemprobleme
Nur der Vollständigkeit halber sei dieser technische Aspekt für fehlende Hinweise genannt. Diese Probleme könne im Vergleich mit den anderen angesprochenen Aspekten in der Regel leicht behoben werden.
Zusammenfassung
Um Meldungen über Fehlverhalten zu erhalten und danach geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen zu können, bedarf es einiger Voraussetzungen: Das Hinweisgebersystem und sein Nutzen müssen durch geeignete Kommunikationsmaßnahmen bekannt sein, die Unternehmenskultur muss „richtig“ sein, es darf keine Angst vor Repressalien und keine technischen Probleme geben. Ist all dies gegeben, werden Meldungen bei der internen Meldestelle eingehen, wodurch mitunter gravierende Probleme frühzeitig erkannt und beseitigt werden können.
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Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Im Hinweisgeberschutzgesetz sind eine Reihe von Ordnungswidrigkeiten aufgeführt, die mit Bußgeldern belegt werden. Ordnungswidrig handeln kann sowohl das Unternehmen bzw. die Dienststelle als auch die hinweisgebende Person.
Bußgelder für Unternehmen und Dienststellen
Ordnungswidrig handelt, wer
nicht dafür sorgt, dass eine interne Meldestelle eingerichtet ist und betrieben wird. Dies kann mit einer Geldbuße bis zu zwanzigtausend Euro geahndet werden.
2. eine Meldung oder die auf eine Meldung folgende Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und Meldestelle behindert oder dies versucht. Dies kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden. Für juristische Personen gilt aber auch: Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.
3. eine Repressalie gegen eine hinweisgebende Person ergreift oder dies versucht. Dies gilt ebenso für Repressalien gegen natürliche Personen, die die hinweisgebende Person bei einer internen oder externen Meldung oder einer Offenlegung im beruflichen Zusammenhang vertraulich unterstützen. Dies kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden. Für juristische Personen gilt auch hier: Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.
4. vorsätzlich oder leichtfertig die Vertraulichkeit nicht wahrt. Im Detail haben die Meldestellen die Vertraulichkeit der Identität der hinweisgebenden Person zu wahren, sofern die gemeldeten Informationen Verstöße betreffen, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, oder die hinweisgebende Person zum Zeitpunkt der Meldung hinreichenden Grund zu der Annahme hatte, dass dies der Fall sei. Verstöße können mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden. Auch hier gilt für juristische Personen: Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden.
Bußgelder für hinweisgebende Personen
Ordnungswidrig handelt, wer
wissentlich eine unrichtige Information offenlegt. Zu verstehen ist hierunter nicht die Meldung an eine interne oder externe Meldestelle, sondern die Veröffentlichung einer unrichtigen Information, z.B. durch eine Meldung an die Presse. Dies kann mit einer Geldbuße bis zu zwanzigtausend Euro geahndet werden.
Zusammenfassung
Insbesondere die Verhinderung von Meldungen, das Ergreifen von Repressalien und die Nicht-Wahrung der Vertraulichkeit sind mit hohen Bußgeldern versehen. Nicht nur unter unternehmenskulturellen Aspekten ist in diesen Themenfeldern Gesetzestreue dringend anzuraten.
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Kompetenzen der mit den Aufgaben der Meldestelle betrauten Personen
Eine Person, welche mit der Aufgabe einer internen Meldestelle betraut ist, muss ein breites Kompetenzprofil mitbringen. Hierbei kann man unterscheiden zwischen juristischen Kenntnissen, Management-Know How und persönlichen Eigenschaften.
Juristische Kenntnisse
Zunächst einmal ist es unverzichtbar, umfassende Kenntnisse über das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) selbst zu haben. Nur so kann ein gesetzeskonformes Handeln sichergestellt werden.
Das Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) sieht in § 17 eine Stichhaltigkeitsprüfung der eingegangenen Meldungen vor. Hierfür sind zumindest rechtliche Grundkenntnisse von Nöten. Dies betrifft in vielen Unternehmen und Dienststellen insbesondere die Felder Anti-Korruption, Kartellrecht, Interessenkonflikte, Vergabe öffentlicher Aufträge, den Datenschutz und die Datensicherheit.
Auch der Betriebsrat spielt in Bezug auf die Einführung und den Betrieb des Hinweisgebersystems eine wichtige Rolle. Daher ist es notwendig sich mit dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vertraut zu machen und zu verstehen, wann dem Betriebsrat ein Beteiligungsrecht zukommt.
Management-Kenntnisse
Für einen erfolgreichen Aufbau und Betrieb einer Meldestelle ist ebenso ein gewisses Maß an Management-Know How erforderlich.
Die verantwortliche Person sollte erstens grundlegende finanzwirtschaftliche Kenntnisse haben. In vielen Fällen geht das gemeldete Fehlverhalten mit Finanztransaktionen einher, die im Buchhaltungssystem nachzuweisen sind. Dies nachzuvollziehen zu können ist bei der Stichhaltigkeitsprüfung äußerst hilfreich.
Darüber hinaus sind zweitens organisatorische Kenntnisse hilfreich. Einerseits erleichtern Kenntnisse über die Aufbau- und die Ablauforganisation des Unternehmens oder der Dienststelle die Stichhaltigkeitsprüfung eingegangener Meldungen. Andererseits muss die Meldestelle und der Hinweisabgabeprozess selbst konzipiert und nachfolgend effizient umgesetzt werden.
Unverzichtbar sind drittens fundierte Kenntnisse im Bereich interne Kommunikation. Die Existenz der Meldestelle muss im Unternehmen oder der Dienststelle bekannt sein, ansonsten können und werden keine Meldungen eingehen oder die Meldungen werden bei einer staatlich betriebenen externen Meldestelle abgegeben. Letzteres ist sicherlich nicht im Interesse des Unternehmens oder der Dienststelle.
Persönliche Eigenschaften
Es gibt kaum eine Meldung, bei deren Aufarbeitung keine Konflikte im Unternehmen oder der Dienststelle auftreten. Insofern ist eine gewisse Konfliktfähigkeit eine Eigenschaft, die für eine mit den Aufgaben einer Meldestelle betrauten Person unverzichtbar ist.
Wesentlich ist auch eine gewisse Menschenkenntnis, vor allem im Kontakt mit der hinweisgebenden Person selbst als auch mit den von der Meldung betroffenen Personen.
Von grundlegender Bedeutung ist das Thema Verschwiegenheit. 4:10 Die verantwortliche Person hat dafür Sorge zu tragen, dass ein eingegangener Hinweis nicht an Dritte weitergegeben wird. Damit die Meldestelle wirksam und funktionstüchtig sein kann, ist es unerlässlich, dass die Identitäten aller von einer Meldung betroffenen Personen im Einklang mit dem Hinweisgeberschutzgesetz geschützt werden.
Weiter spielt auch die Zuverlässigkeit der betrauten Person eine relevante Rolle. Sie sollte bei nicht-anonymer Meldung mit der hinweisgebenden Person regelmäßig in Kontakt stehen und ihr das gesetzlich vorgeschriebene Feedback geben.
Schließlich ist das Beherrschen von Fremdsprachen insbesondere in international agierenden Organisationen für die Betreuung der Meldestelle von Vorteil.
Zusammenfassung
Die Wahrnehmung der Aufgaben einer Meldestelle erfordert ein breites Kompetenzprofil. Nicht umsonst sieht das Hinweisgeberschutzgesetz in § 15 vor, dass die mit den Aufgaben der internen Meldestelle betrauten Personen die notwendige Fachkunde aufweisen müssen. Alternativ zum Eigenbetrieb der internen Meldestelle kann diese auch von einem erfahrenen externen Dienstleister betrieben werden. Dies sieht das Gesetz explizit vor. Bei dieser wichtigen Entscheidung muss jedes Unternehmen und jede Dienststelle für sich den besten Weg finden.
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Was regelt das Hinweisgeberschutzgesetz? – Eine Übersicht
Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt im Wesentlichen zwei große Themenfelder:
Direkte Schutzmaßnahmen für hinweisgebende Personen
Prozessuale Aspekte der Hinweisabgabe
Beide Themenfelder werden nachfolgend erläutert.
1. Direkte Schutzmaßnahmen für hinweisgebende Personen im Hinweisgeberschutzgesetz
Erst im drittletzten Abschnitt 4 befasst sich das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) mit dem Kernthema „Schutzmaßnahmen“. Hier sieht es in § 36 ein Verbot zur Ausübung von Repressalien gegenüber Hinweisgebern vor. Schon die Androhung oder der Versuch Repressalien auszuüben ist verboten.
Erleidet ein Hinweisgeber nach einer Meldung oder Offenlegungdennoch eine Benachteiligung im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit, so sieht das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) eine Beweislastumkehr vor. Dadurch muss die Person, die die hinweisgebende Person benachteiligt hat, beweisen, dass die Benachteiligung nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruht.
Im nachfolgenden § 37 wird der Schadensersatz nach Repressalien geregelt. Wenn gegen das Verbot der Ausübung, der Androhung oder des Versuchs von Repressalien verstoßen wird, sieht das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) einen Anspruch des Hinweisgebers auf Ersatz des erlittenen Schadens vor.
Über den Schadensersatz hinaus sieht das HinSchG im vorletzten Abschnitt in § 40 eine Geldbuße bis zu hunderttausend Euro vor für den Fall, dass eine Repressalie ergriffen oder angedroht wird.
Wenn man es plakativ formulieren will: hinweisgebende Personen werden geschützt durch die drohenden finanziellen Konsequenzen für Unternehmen und Dienststellen, falls diese Repressalien gegen den Whistleblower ergreifen.
Zusätzlich bewirkt das Vertraulichkeitsgebot in § 8 einen Schutz für hinweisgebende Personen. Die Vertraulichkeit ihrer Identität ist zu schützen. Wer dies nicht tut, handelt ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße bis zu zwanzigtausend Euro belegt werden.
2. Prozessuale Aspekte der Hinweisabgabe im Hinweisgeberschutzgesetz
Neben den erwähnten Schutzmaßnahmen befasst sich das Hinweisgeberschutzgesetz mit prozessualen Aspekten der Hinweisabgabe.
Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt ausführlich,
welche Hinweise dazu führen, dass die hinweisgebende Person geschützt ist und
wie die Hinweise abgegeben werden müssen, damit die Schutzwirkung des Gesetzes greift.
Das Gesetz gilt nicht für alle Meldungen oder Offenlegungen von Informationen. Vielmehr müssen diese in den persönlichen (§1) und sachlichen Anwendungsbereich (§ 2) des Gesetzes fallen. So fallen z.B. Meldungen von Informationen über Verstöße, die straf- oder bußgeldbewehrt sind, in den sachlichen Anwendungsbereich. Dies ist hingegen nicht der Fall bei Informationen, die die nationale Sicherheit und hier militärische Belange betreffen.
Weiter wird die Frage, wie die Hinweise abgegeben werden müssen, damit die Schutzwirkung des Gesetzes greift, klar geregelt. So muss die Meldung bei einer von den Unternehmen oder Dienststellen einzurichtenden sogenannten internen Meldestelle oder einer staatlich betriebenen externen Meldestelle abgegeben worden sein. Sie darf auch offengelegt, also etwa an die Presse gegeben werden, allerdings erst, nachdem sie an eine externe Meldestelle abgegeben worden ist und diese ihren Aufgaben nicht nachgekommen ist.
Hier noch einige wichtige Regelungen zu internen Meldestellen:
In § 13 regelt das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) die Aufgaben einer internen Meldestelle. Zu den wesentlichen Aufgaben der internen Meldestelle gehört das Betreiben der Kanäle, über die die Meldungen abgegeben werden, die Stichhaltigkeitsprüfung der Meldungen, sowie die Veranlassung geeigneter Folgemaßnahmen. Zudem hält die interne Meldestelle Informationen über externe Meldestellen bereit.
In § 14 regelt das HinSchG die Organisationsform interner Meldestellen. Die Aufgaben der internen Meldestelle kann durch eine beim Beschäftigungsgeber oder der Dienststelle beschäftigte Person oder durch eine interne Organisationseinheit übernommen werden. Ebenso kann ein Dritter mit den Aufgaben betraut werden.
Sofern die Voraussetzungen zur Einrichtung einer internen Meldestelle für ein Unternehmen oder eine Dienststelle besteht, muss gemäß § 15 gewährleistet werden, dass die mit den Aufgaben der Meldestelle betrauten Personen im Rahmen dieser Tätigkeit unabhängig arbeiten. Sie dürfen zwar gleichzeitig andere Aufgaben wahrnehmen, allerdings darf dabei kein Interessenkonflikt entstehen.
In § 16 sieht das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) Vorschriften über die Meldekanäle für interne Meldestellen vor. Beschäftigungsgeber und Dienststellen sind dazu verpflichtet, Hinweisgebersysteme einzurichten, über die sich Beschäftigte an die interne Meldestelle wenden können, um Informationen über Verstöße zu melden. Das Hinweisgebersystem kann so gestaltet werden, dass er auch natürlichen Personen offensteht, die im Rahmen ihrer Tätigkeit mit dem Beschäftigungsgeber oder der Dienststelle in Kontakt stehen. Dies bedeutet, dass z.B. auch Lieferanten oder Kunden ermöglicht werden kann, Meldungen abzugeben. Ob diese Option eröffnet wird, liegt im Ermessen des Unternehmens oder der Dienststelle.
In § 17 wird das Verfahren bei internen Meldungenspezifiziert, also was genau zu tun ist, wenn eine Meldung bei einer internen Meldestelle eingeht. Das Hinweisgebersystem hat den Eingang der Meldung spätestens nach 7 Tagen zu bestätigen und eine Stichhaltigkeitsprüfung der Meldung durchzuführen. Zu ihren Aufgaben gehört außerdem das vertrauliche Zusammenwirken mit dem Hinweisgeber, sowie das Ergreifen von Folgemaßnahmen. Das Hinweisgebersystem ist dafür zuständig, dem Hinweisgeber über die ergriffenen und geplanten Folgemaßnahmen eine Rückmeldung innerhalb einer Frist von 3 Monaten zu geben.
In § 18 wird erläutert, welche Folgemaßnahmen eine interne Meldestelle ergreifen kann, also z.B. interne Untersuchungen durchführen oder das Verfahren abschließen.
3. Zusammenfassung
Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt zwei große Themenfelder:
Die Schutzmaßnahmen für hinweisgebende Personen und
Prozessuale Aspekte der Hinweisabgabe.
Es ist verboten, Repressalien gegen hinweisgebende Personen auszuüben. Wer dies doch tut, ist zum Schadensersatz verpflichtet und kann mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Euro belegt werden. Damit dieser Schutzmechanismus greift, muss die Meldung in den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes fallen und bei einer internen oder externen Meldestelle abgegeben worden sein. Sie darf auch offengelegt worden sein, allerdings erst, nachdem sie an eine externe Meldestelle abgegeben worden ist und diese ihren Aufgaben nicht nachgekommen ist.
4. Individuelles Angebot
Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht die Einrichtung einer internen Meldestelle vor. Werden Sie allen gesetzlichen Anforderungen gerecht und fordern Sie ein auf Ihr Unternehmen angepasstes individuelles Angebot an.
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Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist in Kraft getreten. Aber für wen gilt es eigentlich? Und für wen gilt es nicht? Was müssen Beschäftigungsgeber wissen und was hinweisgebende Personen? Und was muss bei der Errichtung einer Meldestelle beachtet werden?
Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt im Kern zwei unterschiedliche Themenfelder: erstens die Verpflichtung zur Einrichtung einer Meldestelleund zweitens den Schutz hinweisgebender Personen. Die Frage, für wen das Gesetz gilt, muss für beide Bereiche, also erstens für die zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtete Organisation und zweitens für die hinweisgebende Person separat beantwortet werden. Beginnen wir mit dem ersten Themenfeld.
Wer ist verpflichtet eine Meldestelle einzurichten?
Laut Gesetz müssen Unternehmen und Dienststellen mit mehr als 50 Beschäftigten eine interne Meldestelle betreiben. Allerdings gibt es eine Übergangsregelung, nach der Beschäftigungsgeber mit bis zu 249 Beschäftigten die Meldestelle erst bis zum 17. Dezember 2023 einrichten müssen.
Mit anderen Worten: Beschäftigungsgeber mit 250 oder mehr Beschäftigten müssen bereits jetzt eine Meldestelle haben, ab 50 Beschäftigten ab dem 17.12.2023.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu wissen, wer als Beschäftigter im Sinne des Gesetzes gilt. Dies findet sich in § 3 :
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Auszubildende
Beamtinnen und Beamte
Richterinnen und Richter
Berufssoldatinnen und Berufssoldaten
in Heimarbeit Beschäftigte
Alle diese Personengruppen müssen also bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl mit einbezogen werden.
Wenden wir uns nun dem zweiten Themenfeld zu, dem Schutz hinweisgebender Personen. Für wen gilt hier das HinSchG, bzw.
Wer wird durch das Hinweisgeberschutzgesetz geschützt?
Bereits in § 1 des HinSchG steht, dass nur „natürliche Personen“, also keine Organisationen geschützt werden. Das ist nachvollziehbar, da bisher kein Fall bekannt ist, in dem eine Organisation einen Hinweis abgegeben hat und Repressalien erlitten hat. Der Schutz gilt für die hinweisgebende Person selbst, aber auch für die Personen, die in der Meldung beschuldigt werdenoder auf andere Art von der Meldung betroffen sind. Zusätzlich sind nach § 34 HinSchG Personen geschützt, die die hinweisgebende Person bei der Meldung vertraulich unterstützt haben.
Für den Schutz der hinweisgebenden Person sind allerdings einige Voraussetzungen zu erfüllen. So muss der Inhalt der Meldung in den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Hierunter fallen z.B. alle Verstöße, die straf- oder bußgeldbewehrt sind. Auch muss der richtige Meldeweg eingehalten worden sein. Der Hinweis muss an eine interneoder eine externe Meldestelle abgegeben worden sein oder offengelegt worden sein. Das Gesetz befürwortet zwar die interne vor der externen Meldung, letztlich stehen dem Whistleblower allerdings beide Wege gleichberechtigt offen. Im Gegensatz dazu darf eine Offenlegung erst dann erfolgen, wenn eine externe Meldung erstattet worden ist und innerhalb der vorgesehenen Fristen keine Rückmeldung über das Ergreifen geeigneter Folgemaßnahmen an die hinweisgebende Person erfolgt ist.
Selbstverständlich müssen die gemeldeten Informationen auch zutreffend sein. Zumindest muss der Whistleblower zum Zeitpunkt der Meldung hinreichenden Grund zu der Annahme gehabt haben, dass die gemeldeten Informationen der Wahrheit entsprechen.
Wer wird durch das Hinweisgeberschutzgesetz nicht geschützt?
Aus den oben dargestellten Sachverhalten lässt sich im Umkehrschluss somit ableiten, wer durch das HinSchG nicht geschützt wird:
Personen, die Meldungen abgeben, die nicht im sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes liegen
Personen, die Informationen offenlegen, ohne vorher eine Meldung zum Sachverhalt an eine externe Meldestelle abgegeben zu haben
Personen, die bewusst unzutreffende Informationen melden; diese sind bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit nach § 37 HinSchG sogar zum Schadensersatz verpflichtet
Individuelles Angebot
Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht die Einrichtung einer internen Meldestelle vor. Werden Sie allen gesetzlichen Anforderungen gerecht und fordern Sie ein auf Ihr Unternehmen angepasstes individuelles Angebot an.
Wenn Sie sich über dieses Thema weiter informieren möchten, hören Sie gerne unseren Podcast WHISTLEpedia. Er ist bei iTunes,Spotify, Youtube oder direkt hier auf der Seite kostenlos hörbar.
Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Dr. Martin Walter, geschäftsführender Gesellschafter der Hinweisgebersystem24 GmbH, gehört dem Fachbeirat der Online-Zeitschrift Compliance an. In der Ausgabe Juli/ August 2021 erläutert Dr. Quast von der Sozietät Hengeler Mueller den aktuellen Stand der Diskussion, ob ein Hinweisgebersystem im Konzern im Einklang mit der EU-Directive zum Hinweisgeberschutz zumindest teilweise dezentralisiert werden müssen.
Im Kern geht es um die Frage, ob die heute in Konzernstrukturen vielfach zentral organisierten Hinweisgebersysteme zumindest teilweise dezentralisiert werden müssen. Dies legt jedenfalls ein Schreiben der EU-Kommission von Anfang Juni nahe. Nach Auffassung der Kommission verlange die Richtlinie auch in Konzernstrukturen, dass jedes Konzernunternehmen mit mehr als 249 Mitarbeitern grundsätzlich über ein eigenes Hinweisgebersystem verfügen muss.
Eigenes Hinweisgebersystem im Konzern
Es soll zwar zulässig sein, dass im Einzelfall Dritte den Berichtskanal für das Unternehmen betreiben. Der Dritte sei dann jedoch darauf beschränkt, den Hinweis entgegenzunehmen und dessen Eingang gegenüber dem Hinweisgeber zu bestätigen. Sämtliche Folgemaßnahmen (Aufklärung etc.) müssten jedoch durch die zuständigen Stellen innerhalb des Konzernunternehmens, d.h. dezentral erfolgen. Die Ergebnisse der Aufklärungsmaßnahmen dürften dann nachträglich mit der Konzernmutter geteilt werden.
Zentrales Hinweisgebersystem
Gleichzeitig sollen jedoch zentral betriebene Hinweisgebersysteme nicht ausgeschlossen sein. Es stehe den Unternehmen vielmehr frei, zusätzlich auch zentrale Hinweisgebersysteme auf Ebene der Konzernmutter zu betreiben. Sollte ein Hinweisgeber aus einem Konzernunternehmen das zentrale Hinweisgebersystem nutzen, sollten die Hinweise dort entgegengenommen und entsprechende Aufklärungsmaßnahmen ergriffen werden. In dezentral gemeldeten Sachverhalten, die strukturelle Probleme erkennen ließen, mehrere Konzernunternehmen beträfen oder einen grenzüberschreitenden Aufklärungsansatz erforderten, soll es zudem zulässig sein, den Hinweis nach vorheriger Einwilligung des Hinweisgebers an die zentrale Compliance-Funktion weiterzugeben.
Es läge an den Unternehmen, durch entsprechende Regelwerke Vertrauen in das zentrale Hinweisgebersystem zu schaffen. Informationskampagnen etc. könnten dazu beitragen, dass Hinweisgeber von vornherein das zentrale Hinweisgebersystem nutzen. Diese Auslegung der EU-Kommission würde indes die Wirksamkeit der vorhanden Compliance-Management-Systeme schwächen und zu einem erheblichen bürokratischen Mehraufwand führen. Gerade der europäische Normgeber nimmt bei Compliance-Pflichten und Haftungsfolgen von Compliance-Verstößen immer stärker auch verbundene Unternehmen in den Blick. Entsprechendes gilt für die deutsche Rechtspraxis, die zunehmend eine Konzernverantwortung betont.
Nachteile einer Dezentralisierung
Würden nun lediglich die Ergebnisse der dezentral durchgeführten Folgemaßnahmen – u.U. mit erheblichem Zeitversatz – an die zentrale Compliance-Funktion gemeldet, würde dies die Wahrnehmung einer möglichen Konzernverantwortung deutlich erschweren. Es wäre gerade vor diesem Hintergrund nicht überzeugend, die Weiterleitung des Hinweises an die zentrale Compliance-Funktion selbst bei Hinweisen auf strukturelle Probleme von der Einwilligung des Hinweisgebers abhängig zu machen. Diese Auslegung würde auch nicht zu einem höheren Schutzniveau für Hinweisgeber oder zu effektiveren Aufklärungsmaßnahmen führen. Je kleiner das Konzernunternehmen ist, das den Hinweis erhält und Folgemaßnahmen ergreifen muss, desto höher ist das Risiko für den Hinweisgeber, unbeabsichtigt identifiziert zu werden.
Die Aufklärungsmaßnahmen ausschließlich dezentral auf Ebene des Konzernunternehmens zu konzentrieren, erschwert aufgrund der typischen Berichtsstrukturen angemessene Folgemaßnahmen durch eine unabhängige Stelle. Dies gilt insbesondere, falls Leitungsorgane des Konzernunternehmens betroffen sein können.
Zugang zu Hinweiskanal
Die EU-Kommission betont demgegenüber die Notwendigkeit niedrigschwelliger Angebote zur Meldung vor Ort und das Recht des Hinweisgebers auf physische Treffen. Dies steht jedoch einem zentral betriebenen Hinweisgebersystem nicht entgegen. Auch in einem zentral betriebenen System ist selbstverständlich, dass der Hinweiskanal für jeden Mitarbeiter der Konzerngesellschaften vor Ort leicht zugänglich ist und persönliche Treffen mit Compliance-Verantwortlichen erfolgen können.
Die nächsten Monate bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist im Dezember werden zeigen, ob die derzeitigen Bemühungen der großen europäischen Unternehmen und Verbände erfolgreich sein werden, die Kommission und die nationalen Gesetzgeber für eine flexiblere Lösung zu gewinnen, die ohne unnötigen bürokratischen Mehraufwand ein hohes Schutzniveau für Hinweisgeber herstellt.
Post by Martin Walter
Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Pav Gill hat als Whistleblower den Wirecard-Skandal an die Öffentlichkeit gebracht. Wäre der Whistleblower vom Hinweisgeberschutzgesetz geschützt worden?
Das Drama um Wirecard begann im Jahr 2015, als die britische Financial Times (FT) einen kritischen Artikel über den Zahlungsdienstleister veröffentlichte. Das Geschäftsmodell von Wirecard war es, den digitalen Zahlungsstrom zwischen Händlern und Millionen von Kunden zu ermöglichen. Anfang 2019 häuften sich kritische Berichte der FT. Im Visier stand das Geschäft von Wirecard in Singapur. Dort seien Verträge gefälscht und Geldwäsche betrieben worden. Die Financial Times berichtete weiter, dass eine von Wirecard beauftragte externe Anwaltskanzlei bei einer Prüfung der Niederlassung in Singapur Belege für schwere Straftaten gefunden habe. Konkret soll es um gefälschte Rechnungen und um Bilanzfälschung gegangen sein. Zudem gebe es Dokumente, die belegen, dass Führungskräfte in Deutschland von den Machenschaften Kenntnis gehabt hätten.
Zu diesem Zeitpunkt war Pav Gill, der spätere Whistleblower im Fall Wirecard, bereits als Senior Legal Counsel für die Asien-Pazifik-Region im Unternehmen tätig.
Dort trat er in Kontakt mit einer internen Informantin, die ihm umfangreiches Material zur Verfügung stellte, darunter gefälschte Rechnungen und Kontoauszüge, die Zahlungen an Firmen dokumentierten, mit denen Wirecard keinerlei Geschäftsbeziehungen unterhielt.
Daraufhin wandte sich Gill mithilfe eines Kollegen, der bei Wirecard für Compliance zuständig war, an die Konzernzentrale in Aschheim bei München. Mithilfe einer externen Anwaltskanzlei kam es zu internen Untersuchungen. Infolgedessen bestätigten sich vermehrt die Anschuldigungen, zu Konsequenzen kam es dennoch nicht. Gill habe man gesagt, dass Jan Marsalek, damals Vorstandsmitglied von Wirecard, den Fall übernehmen werde. Aber gerade gegen ihn bestanden Verdachtsmomente, sodass er gegen sich selbst hätte ermitteln müssen.
Daraufhin wurde Gill bedroht und vor die Wahl gestellt entweder selbst zu kündigen und positive Referenzen zu erhalten oder entlassen zu werden. Gill entschied sich dazu Wirecard zu verlassen. Trotz seiner Kündigung fühlte er sich weiterhin bedroht.
Schließlich wandte sich Pav Gill an den FT Journalisten Dan McCrum, der zuvor bereits kritisch über Wirecard berichtet hatte und stellte ihm belastende Unterlagen zur Verfügung, die Gill nach seiner Kündigung mitgenommen hatte. Am 30. Januar 2019 erschien jener inzwischen berühmte Financial Times Artikel, der Ungereimtheiten bei Wirecard in Singapur thematisierte und den Aktienkurs einbrechen ließ.
Im Februar 2019 gab die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Sonderprüfung in Auftrag. Auch die Wirtschaftsprüfung KPMG untersucht den Zahlungsdienstleister, wobei sie auf weitere Ungereimtheiten stieß. Anfang 2020 wurde die Luft für Wirecard merklich dünner. Das Unternehmen konnte keine plausiblen Belege dafür finden, dass es Konten in Asien gab, auf denen fast 2 Milliarden Euro liegen sollten. Im Juni 2020 wurde der Firmensitz in Aschheim schließlich von der Staatsanwaltschaft München durchsucht. Am 25.06.2020 meldet Wirecard Insolvenz wegen eines 1,9 Milliarden Euro schweren Lochs in der Bilanz an.
Der ehemalige Vorstandschef Markus Braun sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Das ehemalige Vorstandsmitglied Jan Marsalek ist untergetaucht.
Rechtliche Bewertung nach dem Hinweisgeberschutzgesetz:
Nachfolgend soll dargestellt werden, ob das derzeit im Referentenentwurf vorliegende Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) – wenn es im Jahr 2020 schon in Kraft gewesen wäre – Pav Gill vor Repressalien geschützt hätte.
Als hinweisgebende Person fällt Pav Gill in den persönlichen Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG).
Zurzeit diskutieren die Regierungsparteien, in welcher Form das Hinweisgeberschutzgesetz in Kraft treten soll. Besonders umstritten ist, ob sich das Gesetz nur auf Meldungen über Verstöße gegen EU-Recht bezieht oder ob auch Verstöße gegen deutsches Recht miteinbezogen werden. Würde bis zum Inkrafttreten des Gesetzes am 17. Dezember 2021 entschieden werden, dass sich Meldungen über Verstöße nur auf EU-Recht beziehen müssen, so wäre Pav Gill trotzdemgeschützt. Gegen Wirecard bestanden auch Vorwürfe gegen Geldwäsche. Diese wären nach der EU-Geldwäscherichtlinie vom Schutzgedanken der EU-Directive Whistleblowing umfasst. Der aktuelle Referentenentwurf sieht eine Ausweitung auf deutsches Recht vor. Gemäß § 2 HinSchG Abs. 1 werden Meldungen über Verstöße, die straf- oder bußgeldbewehrt sind, sowie sonstige Verstöße gegen Gesetze des Bundes und der Länder, geschützt. Danach fällt Pav Gill auch unter diesem Aspekt unter den Schutz des Gesetzes.
In § 3 des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) wird definiert, dass das Bereitstellen von Informationen über Verstöße gegenüber der Öffentlichkeit als Offenlegung bezeichnet wird. Gill wandte sich an den Journalisten Dan McCrum der FT und übermittelte ihm Informationen über Verstöße durch Wirecard. Er hat die Informationen über das Fehlverhalten bei Wirecard also offengelegt. Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) schützt jedoch bei einer Offenlegung nur dann die hinweisgebende Person, wenn diese sich zuvor an eine externe Meldestelle gewandt hat. Dies hat Pav Gill nicht getan (logischerweise, denn 2020 gab es ja noch keine externe Meldestelle). Er wandte sich lediglich an Personen im Unternehmen. Zur Erfüllung der Schutzvoraussetzung reicht dies jedoch ausdrücklich nicht aus. Pav Gill wäre also nicht unter die Schutzvoraussetzungen des HinSchG gefallen.
Einen Ausweg könnte ggfs. § 31 HinSchG bieten. Gemäß § 31 Nr. 2a HinSchG fällt die hinweisgebende Person trotz Offenlegung ohne vorherigen Kontakt zu einer externen Meldestelle unter die Schutzvoraussetzungen des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG), sobald „Gefahr im Verzug“ besteht, die hinweisgebende Person also hinreichend Grund zur Annahme hatte, dass der Verstoß eine unmittelbare Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellt. Hätte also Pav Gill glaubhaft machen können, dass Gefahr im Verzug gemäß § 31 Nr. 2a HinSchG bestand, wäre er unter den Schutz des Gesetzes gefallen.
Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) geht in § 35 auf das Verbot von Repressalienein. Bereits die Androhung Repressalien auszuführen ist untersagt. Vorliegend wurde Pav Gill die Kündigung angedroht. Damit hätte die Wirecard AG gemäß § 39 I Nr. 3 ordnungswidrig gehandelt und wäre gemäß § 39 Abs. 4 mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro sanktioniert worden.
Abschließend eine Anmerkung:
Betrachtet man den durch den Wirecard-Skandal hervorgerufenen Schaden, stellt sich die Frage, ob die im HinSchG für Repressalien vorgesehene maximale Bußgeldhöhe von 100.000 Euro nicht zu niedrig ist.
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Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Missbrauch von Hinweisgebersystemen – Eine empirische Untersuchung
Hinweisgebersysteme können durch bewusst falsche Meldungen missbraucht werden. Aber wie häufig kommt das vor? Dr. Martin Walter, geschäftsführender Gesellschafter der Hinweisgebersystem24 GmbH, hat dies bei 43 Unternehmen untersucht.
Das Ergebnis: fast 90% aller Hinweise werden in guter Absicht abgegeben. Welche Konsequenzen sind hieraus abzuleiten? Lesen Sie dies und weitere interessante Ergebnisse im aktuell erschienenen Handbuch „Hinweisgebersysteme“; Herausgeber Ruhmannseder, Behr, Krakow.
Post by Martin Walter
Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
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