Nach Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes müssen Beschäftigungsgeber mit mehr als 50 Beschäftigten eine interne Meldestelle einrichten. Aber was muss dabei konkret getan werden?
Hauptzielsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes ist die Verbesserung des Schutzniveaus hinweisgebender Personen. Hierzu sieht das Gesetz Schadensersatz und Bußgeldzahlungen vor für Repressalien, die gegen hinweisgebende Personen ausgeübt werden. Darüber hinaus wird in § 12 geregelt, dass Beschäftigungsgeber und Dienststellen verpflichtet sind bei sich eine Stelle für die Entgegennahme von Meldungen einzurichten und zu betreiben, eine sogenannte interne Meldestelle. An diese können sich Beschäftigte wenden, wenn sie einen Hinweis auf Fehlverhalten abgeben möchten.
Bei der Einrichtung der internen Meldestelle müssen in drei Bereichen Entscheidungen getroffen und nachfolgend umgesetzt werden:
Interne Meldekanäle/ Technik,
Mensch und
Interne Kommunikation der Meldestelle
Interne Meldekanäle/ Technik
Um einen sicheren und strukturierten Weg der Hinweisabgabe zu ermöglichen, sieht das Hinweisgeberschutzgesetz in § 16 die Einrichtung von internen Meldekanälen vor. Diese Meldekanäle sind so zu gestalten, dass nur die für die Entgegennahme und Bearbeitung der Meldungen zuständigen Personen Zugriff auf die eingegangenen Meldungen haben. Das ist eine wesentliche Voraussetzung, um Vertraulichkeit gewährleisten zu können.
Die Meldekanäle müssen Meldungen in mündlicher oder in Textform ermöglichen. Auf Ersuchen der hinweisgebenden Person ist für eine Meldung innerhalb einer angemessenen Zeit eine persönliche Zusammenkunft mit den für die Entgegennahme einer Meldung zuständigen Personen der internen Meldestelle zu ermöglichen.
Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass sicherzustellen ist, dass Meldungen unter Wahrung der Vertraulichkeit persönlich, telefonisch, postalisch und in Textform, also z.B. per gesichertem Mailverkehr oder über ein webbasiertes Hinweisgebersystem abgegeben werden können. In einem ersten Schritt sind somit diese technischen Voraussetzungen zu implementieren.
Mensch
Die über den internen Meldekanal eingehenden Meldungen müssen entgegengenommen und bearbeitet werden. Oft ist der Inhalt der Meldungen sensibel, da es um Fehlverhalten im Unternehmen oder der Dienststelle geht. Die mit den Aufgaben der internen Meldestelle betrauten Personen müssen daher besonders qualifiziert sein und Erfahrungen in den Gebieten Recht, Finanzen und Management aufweisen können. Persönliche Eigenschaften wie Zuverlässigkeit und Vertraulichkeit gehören ebenso zum notwendigen Kompetenzprofil.
Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht in § 14 ausdrücklich vor, dass ein Dritter mit den Aufgaben der internen Meldestelle betraut werden kann. Dies bietet sich an, wenn niemand in der Organisation vorhanden ist, der die erforderlichen Kapazitäten und die notwendige Fachkunde hat.
Nach der Schaffung der technischen Voraussetzungen sind somit in einem zweiten Schritt die personellen Voraussetzungen für den Betrieb der internen Meldestelle zu schaffen. Geeignete beschäftigte Personen müssen ausgewählt und geschult werden oder die interne Meldestelle muss an einen erfahrenen Dienstleister ausgelagert werden.
Interne Kommunikation der Meldestelle
Nach Implementierung der Technik und Auswahl und Schulung der mit den Aufgaben der internen Meldestelle betrauten Personen bzw. externen Dienstleister ist die Meldestelle eingerichtet. Aber es werden nur dann Meldungen eingehen, wenn die Existenz der internen Meldestelle im Unternehmen oder der Dienststelle auch bekannt ist.
Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist somit die Erstkommunikation zur Einrichtung der internen Meldestelle. Hierzu ist ein geeigneter Kommunikationsmix zu definieren, also z.B. eine Mail der Unternehmens- oder Dienststellenleitung an die Beschäftigten, ein Intranet-Beitrag oder eine geeignete interne Social-Media-Kommunikation. Ebenso wichtig ist die Folgekommunikation: Nur, wenn das Thema interne Meldestelle in geeigneter Form und in regelmäßigen Abständen genügend „Airtime“ bekommt, wird es in den Köpfen verankert und nur dann werden auch Meldungen eingehen.
Zusammenfassung
Meldekanäle müssen technisch eingerichtet werden, Beschäftigte müssen geschult werden bzw. die interne Meldestelle muss an einen Dienstleister ausgelagert werden und die interne Meldestelle muss professionell im Unternehmen oder der Dienststelle kommuniziert werden. Das sind die drei wesentlichen Punkte, die bei der Einrichtung einer internen Meldestelle zu beachten und umzusetzen sind.
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Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen und Dienststellen haben oft nur eingeschränkte Erfahrungen mit den Themen interne Meldestelle, Hinweisgebersystem und Hinweisabgabe. Leicht können daher schwerwiegende Fehler gemacht werden, die sich mit Hilfe der nachfolgenden Tipps vermeiden lassen.
Schaffen Sie die richtigen Voraussetzungen
Informationen zur internen Meldestelle und zum Hinweisgebersystem sollten für Beschäftigte leicht zugänglich sein. Kommunizieren Sie aktiv die Einrichtung ihres internen Meldeweges.
So vermeiden Sie, dass mangels Kenntnis der internen Meldewege die Hinweise an eine externe Meldestelle oder gar an die Öffentlichkeit getragen werden.
Sorgen Sie dafür, dass die Verantwortung für die interne Meldestelle bei geeigneten und im Einklang mit dem Hinweisgeberschutzgesetz geschulten Personen angesiedelt ist.
Falls Sie keine Ressourcen mit nötiger Fachkunde für den Betrieb einer internen Meldestelle haben, beauftragen Sie einen externen Dienstleister.
Setzen Sie sich vor der Einführung des Hinweisgebersystems frühzeitig mit dem Betriebsrat in Verbindung.
Last but not least: Schaffen Sie eine Unternehmenskultur, in der hinweisgebende Personen wertgeschätzt werden. Diese helfen, Fehlverhalten aufzuzeigen und so Schaden vom Unternehmen oder von der Dienststelle abzuwenden. Erreicht werden kann dies durch entsprechende firmeninterne und externe Kommunikation des Top-Managements.
Was ist BEI der Bearbeitung einer eingegangenen Meldung zu beachten
Bestätigen Sie der hinweisgebenden Person spätestens nach 7 Tagen den Eingang der Meldung.
Dokumentieren Sie wie gesetzlich vorgeschrieben den Hinweis durch eine Tonaufzeichnungen, einen Vermerk oder ein Protokoll.
Prüfen Sie die Stichhaltigkeit eingehender Meldungen.
Nur wenn Sie sicher sind, dass die Meldung falsch oder nicht relevant ist, verzichten Sie auf weitere Maßnahmen.
Halten Sie, soweit möglich, mit der hinweisgebenden Person Kontakt. So können evtl. weitere Informationen eingeholt werden.
Falls erforderlich, stellen Sie oder ein von Ihnen beauftragter externer Dienstleister Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts an.
Ergreifen Sie geeignete Folgemaßnahmen, um zu verhindern, dass gleiches oder ähnlich gelagertes Fehlverhalten künftig wieder auftreten kann.
Was ist NACH Bearbeitung einer Meldung zu beachten
Geben Sie spätestens 3 Monate nach Eingang der Meldung eine Rückmeldung an die hinweisgebende Person über ergriffenen Folgemaßnahmen.
Löschen Sie spätestens drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens die Dokumentation des Falles.
Schützen Sie Betroffene. Die weit überwiegende Anzahl der Meldungen wird in gutem Glauben abgegeben, aber eben nicht alle.
Schützen Sie die hinweisgebende Person und verzichten Sie auf jedwede Repressalien. Sie schaden der Unternehmenskultur und sie sind gesetzlich zum Schadensersatz sowie zur Zahlung eines Bußgeldes verpflichtet.
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Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist in Kraft getreten. Aber für wen gilt es eigentlich? Und für wen gilt es nicht? Was müssen Beschäftigungsgeber wissen und was hinweisgebende Personen? Und was muss bei der Errichtung einer Meldestelle beachtet werden?
Das Hinweisgeberschutzgesetz regelt im Kern zwei unterschiedliche Themenfelder: erstens die Verpflichtung zur Einrichtung einer Meldestelleund zweitens den Schutz hinweisgebender Personen. Die Frage, für wen das Gesetz gilt, muss für beide Bereiche, also erstens für die zur Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtete Organisation und zweitens für die hinweisgebende Person separat beantwortet werden. Beginnen wir mit dem ersten Themenfeld.
Wer ist verpflichtet eine Meldestelle einzurichten?
Laut Gesetz müssen Unternehmen und Dienststellen mit mehr als 50 Beschäftigten eine interne Meldestelle betreiben. Allerdings gibt es eine Übergangsregelung, nach der Beschäftigungsgeber mit bis zu 249 Beschäftigten die Meldestelle erst bis zum 17. Dezember 2023 einrichten müssen.
Mit anderen Worten: Beschäftigungsgeber mit 250 oder mehr Beschäftigten müssen bereits jetzt eine Meldestelle haben, ab 50 Beschäftigten ab dem 17.12.2023.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu wissen, wer als Beschäftigter im Sinne des Gesetzes gilt. Dies findet sich in § 3 :
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
Auszubildende
Beamtinnen und Beamte
Richterinnen und Richter
Berufssoldatinnen und Berufssoldaten
in Heimarbeit Beschäftigte
Alle diese Personengruppen müssen also bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl mit einbezogen werden.
Wenden wir uns nun dem zweiten Themenfeld zu, dem Schutz hinweisgebender Personen. Für wen gilt hier das HinSchG, bzw.
Wer wird durch das Hinweisgeberschutzgesetz geschützt?
Bereits in § 1 des HinSchG steht, dass nur „natürliche Personen“, also keine Organisationen geschützt werden. Das ist nachvollziehbar, da bisher kein Fall bekannt ist, in dem eine Organisation einen Hinweis abgegeben hat und Repressalien erlitten hat. Der Schutz gilt für die hinweisgebende Person selbst, aber auch für die Personen, die in der Meldung beschuldigt werdenoder auf andere Art von der Meldung betroffen sind. Zusätzlich sind nach § 34 HinSchG Personen geschützt, die die hinweisgebende Person bei der Meldung vertraulich unterstützt haben.
Für den Schutz der hinweisgebenden Person sind allerdings einige Voraussetzungen zu erfüllen. So muss der Inhalt der Meldung in den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Hierunter fallen z.B. alle Verstöße, die straf- oder bußgeldbewehrt sind. Auch muss der richtige Meldeweg eingehalten worden sein. Der Hinweis muss an eine interneoder eine externe Meldestelle abgegeben worden sein oder offengelegt worden sein. Das Gesetz befürwortet zwar die interne vor der externen Meldung, letztlich stehen dem Whistleblower allerdings beide Wege gleichberechtigt offen. Im Gegensatz dazu darf eine Offenlegung erst dann erfolgen, wenn eine externe Meldung erstattet worden ist und innerhalb der vorgesehenen Fristen keine Rückmeldung über das Ergreifen geeigneter Folgemaßnahmen an die hinweisgebende Person erfolgt ist.
Selbstverständlich müssen die gemeldeten Informationen auch zutreffend sein. Zumindest muss der Whistleblower zum Zeitpunkt der Meldung hinreichenden Grund zu der Annahme gehabt haben, dass die gemeldeten Informationen der Wahrheit entsprechen.
Wer wird durch das Hinweisgeberschutzgesetz nicht geschützt?
Aus den oben dargestellten Sachverhalten lässt sich im Umkehrschluss somit ableiten, wer durch das HinSchG nicht geschützt wird:
Personen, die Meldungen abgeben, die nicht im sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes liegen
Personen, die Informationen offenlegen, ohne vorher eine Meldung zum Sachverhalt an eine externe Meldestelle abgegeben zu haben
Personen, die bewusst unzutreffende Informationen melden; diese sind bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit nach § 37 HinSchG sogar zum Schadensersatz verpflichtet
Individuelles Angebot
Das Hinweisgeberschutzgesetz sieht die Einrichtung einer internen Meldestelle vor. Werden Sie allen gesetzlichen Anforderungen gerecht und fordern Sie ein auf Ihr Unternehmen angepasstes individuelles Angebot an.
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Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Hinweisgeberschutzgesetz – Aktueller Stand und Umsetzung
Das Hinweisgeberschutzgesetz ist die Umsetzung der europäischen Whistleblower-Richtlinie in Deutschland und ist am 02. Juli 2023 in Kraft getreten. Die Umsetzung hätte eigentlich bis zum 17.12.2021 in nationales Recht erfolgen sollen.
Zur Historie:
Ein entsprechender Bundestagsbeschluss vom Dezember 2022 hatte am 10. Februar 2023 nicht die erforderliche Zustimmung im Bundesrat erhalten. Das Gesetz konnte daher nicht in Kraft treten. Am 5. April hat sich die Bundesregierung dazu entschlossen, den Vermittlungsausschuss einzuberufen. Dieser hat am 9.5.2023 hierzu getagt und sich auf folgende Änderungen geeinigt:
auf die Pflicht, die Abgabe anonymer Meldungen zu ermöglichen, wird verzichtet,
Hinweisgeberschutz gibt es nur für Hinweise, die in den beruflichen Kontext fallen,
die Vermutung, dass die Benachteiligung einer hinweisgebenden Person eine Repressalie für den Hinweis ist, soll nur dann bestehen, wenn die hinweisgebende Person dies auch selbst geltend macht und
die maximale Höhe der für Verstöße gegen das Gesetz angedrohten Bußgelder soll statt 100.000 Euro nur noch 50.000 Euro betragen.
Mit diesen Änderungen ist das Hinweisgeberschutzgesetz im Bundestag und im Bundesrat beschlossen worden. Auch der Bundespräsident hat das Gesetz unterzeichnet. Das Gesetz ist am 2. Juni 2023 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und genau einen Monat später, am 2. Juli 2023, in Kraft getreten.
Aktueller Stand:
Ab dem 2. Juli 2023 sind Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden grundsätzlich verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten, an die sich Beschäftigte wenden können, um Informationen über Fehlverhalten zu melden. Für Finanzinstitute (z.B. Kredit-, Finanzdienstleistungs- und Wertpapierinstitute, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Börsenträger, Kapitalverwaltungsgesellschaften) gilt diese Pflicht unabhängig von der Mitarbeiterzahl. Für Unternehmen mit mehr als 49 Beschäftigten greift das Hinweisgeberschutzgesetz ab dem 17.12.2023. Ab Dezember 2023 droht Unternehmen, die keine interne Meldestelle eingerichtet haben, ein Bußgeld in Höhe von 20.000€.
Post by Martin Walter
Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Hinweisgeberschutzgesetz – müssen auch beschuldigte Personen geschützt werden?
Das Hinweisgeberschutzgesetz schützt – wie der Name schon sagt – hinweisgebende Personen. Aber müssen nicht auch die von Whistleblowern beschuldigten Personen geschützt werden?
Ausgangslage
Benötigen von Whistleblowern beschuldigte Personen Schutz? Diese Frage mag auf den ersten Blick befremdlich erscheinen. Sind es doch die hinweisgebenden Personen selbst, die mitunter aufgrund ihrer Meldung Nachteile zu erleiden haben und somit geschützt werden müssen. Letzteres steht auch völlig außer Frage und das ist ja auch die richtige und wichtige Zielsetzung der EU-Richtlinie- Whistleblowing und des deutschen Hinweisgeberschutzgesetzes.
Aber Hinweisgebersysteme können missbraucht werden. Unter Missbrauch versteht man:
Der Missbrauch eines Hinweisgebersystems ist die bewusst falsche Meldung eines unterstellten Fehlverhaltens einer im Unternehmen oder der Dienststelle beschäftigten Person.
Nicht als Missbrauch zu werten sind hingegen
die Abgabe eines unwissentlich falschen Hinweises und
die Abgabe einer Meldung im falschen Meldekanal; so kommt es beispielsweise häufig vor, dass in einem Hinweisgebersystem fälschlicherweise Kundenbeschwerden abgegeben werden.
Dr. Martin Walter, geschäftsführender Gesellschafter der Hinweisgebersystem24 GmbH, hat als Lehrbeauftragter der TU Dresden eine empirische Untersuchung durchgeführt zum Thema „Missbrauch von Hinweisgebersystemen“. Diese ist 2021 publiziert worden in „Ruhmannseder/ Behr/ Krakow (Hrsg.), Hinweisgebersysteme“. Das Ergebnis der Untersuchung basiert auf den Antworten von 43 Unternehmen und kam zu dem Ergebnis, dass fast 90% aller Hinweise in guter Absicht abgegeben werden.
So erfreulich dieser hohe Prozentsatz ist, es zeigt sich aber auch, dass rund 10% der Hinweise bewusst falsch abgegeben werden.
Konsequenzen
Wenn auch nur zu einem geringen Prozentsatz: Missbrauch von Hinweisgebersystemen kommt vor! Und es kommt natürlich auch vor, dass Hinweise in guter Absicht abgegeben werden, aber trotzdem inhaltlich falsch sind. Das zeigt, dass es geeigneter Schutzmechanismen für beschuldigte Personen bedarf.
An erster Stelle ist in den Unternehmen und Dienststellen das rechtsstaatliche Prinzip zwingend zu beachten, dass in Hinweisen beschuldigte Personen bis zum Beweis des Gegenteils zwingend als unschuldig gelten müssen. Das gilt bei etwaigen internen Untersuchungen, aber auch für die interne Kommunikation und das interne Reporting zum Fall. Vertraulichkeit ist oberstes Gebot!
Der Schutz beschuldigter Personen kann durch das Unternehmen oder die Dienststelle weiter erhöht werden, wenn intern deutlich kommuniziert wird, dass der Missbrauch des Hinweisgebersystems durch eine bewusste Falschmeldung ein schwerwiegender Complianceverstoß ist, der entsprechend sanktioniert wird.
Aber auch das neue Hinweisgeberschutzgesetz wird zum Schutz missbräuchlich beschuldigter Personen beitragen. Es enthält folgende Regelungen:
der Prozess für die bei einer internen und für externen Meldestelle eingehenden Meldungen sieht zwingend eine Stichhaltigkeitsprüfung vor; sowohl missbräuchliche als auch in guter Absicht abgegebene, aber dennoch falsche Meldungen können so u.U. aufgedeckt werden,
eine Klarstellung, dass der Hinweisgeberschutz nicht gilt für Personen, die bewusst falsche Hinweise abgeben,
eine Verpflichtung der hinweisgebenden Person zum Ersatz aller Schäden, die aus der missbräuchlichen Meldung erstanden sind und
eine Bußgeldvorschrift für die Offenlegung bewusst falscher Hinweise.
Zusammenfassung
Nicht nur Hinweisgeber, auch in Hinweisen beschuldigte Personen müssen geschützt werden, bis zum Beweis des Gegenteils müssen sie als unschuldig gelten. Flankiert wird dies durch Strafandrohung für bewusste Falschmeldungen durch das Unternehmen oder die Dienststelle und den Staat. Personen, die bewusst falsche Hinweise abgeben fallen nicht unter den Schutz des Hinweisgeberschutzgesetzes.
Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
In diesem Blogbeitrag beleuchten wir, welche Vorteile es auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) hat eine interne Meldestelle mit einem Hinweisgebersystem einzurichten – ganz unabhängig von der künftigen gesetzlichen Verpflichtung durch das neue Hinweisgeberschutzgesetz.
Während Großunternehmen bereits fast ausnahmslos ein Hinweisgebersystem eingerichtet haben, sind kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) diesbezüglich eher zögerlich. Letzteres wird sich jedoch demnächst ändern, denn das neue Hinweisgeberschutzgesetz verpflichtet Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern, eine interne Meldestelle und somit ein Hinweisgebersystem einzurichten. Ab Ende 2023 gilt diese Verpflichtung auch für kleinere Unternehmen ab 50 Mitarbeitern.
Gründe für die zögerliche Einführung von Hinweisgebersystemen im Mittelstand
Aber was hält viele kleine und mittlere Unternehmen bisher davon ab ein Hinweisgebersystem einzuführen? Es gibt wohl drei wesentliche Gründe:
Ein Hinweisgebersystem kostet Geld. Gerade kleine und mittlere Unternehmen sind meist sehr kostenbewusst. Und Aufwand fällt sowohl an für die technische Einrichtung und den Betrieb des Systems als auch für die Personen, die die eingehenden Meldungen zunächst auf Plausibilität prüfen und dann bearbeiten müssen.
Der Nutzen eines Hinweisgebersystems wird nicht erkannt. Oft heißt es: „Bei uns kennt jeder jeden und wenn wir ein Problem haben, dann sprechen wir das offen und direkt an. Dafür brauchen wir doch kein System.“
Man hat Angst vor falschen Hinweisen und vor einer Atmosphäre des Denunziantentums. Insbesondere anonymen Hinweisen wird mit großer Skepsis begegnet.
Warum Hinweisgebersysteme im Mittelstand sinnvoll sind
Betrachten wir die drei Gründe einmal näher:
Die Kosten: Dass mit der Einführung eines Hinweisgebersystems zusätzliche Kosten auf ein Unternehmen zukommen, ist nicht von der Hand zu weisen. Allerdings haben viele Organisationen keinerlei Vorstellung, in welcher Höhe die Kosten für das technische System zur Hinweisabgabe anfallen werden. Hinzu kommt oft, dass es meist keine geeignete kompetente Person im Unternehmen gibt, die die eingehenden Hinweise bearbeiten kann und eine Neueinstellung allein für diese Aufgabe wäre aus ökonomischer Sicht in vielen Fällen nicht sinnvoll. Abhilfe kann dann die Fremdvergabe der internen Meldestelle mit dem Hinweisgebersystem sein einschließlich der Bearbeitung der eingehenden Meldungen. Ja, auch das kostet Geld, aber in der Regel deutlich weniger, als erwartet.
Nach den Kosten nun zum Nutzen einer internen Meldestelle mit Hinweisgebersystem: Befragt man Unternehmen, die bereits Erfahrung haben mit dem Betrieb eines Systems, wovon sie am meisten profitieren, dann wird an erster Stelle genannt, dass man frühzeitig auf Fehlentwicklungen im Unternehmen aufmerksam wird. Nicht alle Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen sind bereit, Ihre Beobachtungen eines Fehlverhaltens dem Vorgesetzten zu berichten und schweigen stattdessen lieber. Man kennt sich und man möchte nicht als Störenfried erscheinen. Wenn aber Probleme nicht erkannt und thematisiert werden, werden sie auch nicht gelöst und der finanzielle Schaden und der Reputationsschaden wird immer größer. Falls es aber ein formales Hinweisgebersystem gibt, bei dem, wenn vom Whistleblower gewünscht, auch anonyme Meldungen abgegeben werden können, sinkt die Schwelle für die Hinweisabgabe deutlich und schadensbegrenzende Maßnahmen können frühzeitig eingeleitet werden. Ein weiterer Vorteil kommt hinzu: Fehlverhalten wird durch ein Hinweisgebersystem nicht nur früher aufgezeigt, es wird mitunter sogar verhindert. Das liegt daran, dass Meldungen über Fehlverhalten oft nicht nur den reinen Sachverhalt beinhalten, sondern auch den Namen der beschuldigten Personen. Sobald aber die Gefahr der Aufdeckung für potenzielle Täter steigt, erhöht sich die Hemmschwelle, Fehlverhalten überhaupt zu begehen.
Ja, es kommt vor, dass Hinweise bewusst falsch abgegeben werden – aus welchen Gründen auch immer. Aber alle statistischen Auswertungen zu diesem Thema zeigen, dass dies nur ein sehr geringer Prozentsatz der abgegebenen Hinweise ist und dass die weit überwiegende Anzahl der Hinweise in gutem Glauben abgegeben werden. Das gilt ebenso für anonyme Hinweise!
Zusammenfassung
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass interne Meldestellen mit einem Hinweisgebersystem ein wichtiges und produktives Instrument sind, um Fehlverhalten im Unternehmen frühzeitig aufzudecken und den finanziellen Schaden und den Reputationsschaden zu minimieren. Das gilt sowohl für Großunternehmen als auch für kleine und mittlere Unternehmen. Hinzu kommt, dass im B2B-Bereich viele Großunternehmen von ihren mittelständischen Zulieferern bereits heute ein Compliance-Konzept mit einem Hinweisgebersystem erwarten.
Somit wird deutlich, dass auch für kleine und mittlere Unternehmen der Nutzen eines Hinweisgebersystems die anfallenden Kosten übersteigt, dass es also schon allein aus rein betriebswirtschaftlichen Überlegungen und auch zur Reputationssicherung Sinn macht. Das neue Hinweisgeberschutzgesetz, das die Einführung des Systems verbindlich regelt, wird somit dazu beitragen, einem auch für KMU sinnvollen Instrument schneller zum Durchbruch in der betrieblichen Praxis zu verhelfen.
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Stephan Rheinwald ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH und der Compliance Officer Services GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen. [/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]
Nach dem Hinweisgeberschutzgesetz, das am 16.12.2022 im Bundestag verabschiedet worden ist, müssen Beschäftigungsgeber mit mehr als 249 Beschäftigten mit Inkrafttreten des Gesetzes eine interne Meldestelle einrichten. Im Rahmen einer Übergangsregelung müssen Unternehmen und Dienststellen mit 50 bis 249 Beschäftigten die interne Meldestelle erst zum 17.12.2023 einrichten. Organisationen mit weniger als 50 Beschäftigten haben keine Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle. Die interne Meldestelle kann ausgelagert werden und durch eine Ombudsperson betrieben werden. Welche Konsequenzen hat das?
Outsourcing der internen Meldestelle
Schon bisher haben sich viele Unternehmen und Dienststellen dazu entschieden die interne Meldestelle auszulagern. Dies kann mehrere Gründe haben:
Insbesondere wenn zum Betrieb der internen Meldestelle ein neuer Mitarbeiter oder eine neue Mitarbeiterin eingestellt werden müsste, wird es unter Kostenaspekten sinnvoll sein, die interne Meldestelle an einen kompetenten Dienstleister outzusourcen. Dies umso mehr, da das eigene Personal geschult werden muss, um die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erlangen. Auch Schulungen kosten Zeit und Geld.
Die Bearbeitung von Hinweisen auf Fehlverhalten erfordert ein umfangreiches Fachwissen, höchste Vertraulichkeit und viel Erfahrung. Nicht immer steht eine Person zur Verfügung, die alle diese Anforderungen erfüllt. Die Auslagerung der internen Meldestelle an einen Dritten, eine Ombudsperson, kann also nicht nur unter Kostenaspekten, sondern auch unter qualitativen Gesichtspunkten sinnvoll sein.
Die Behandlung anonymer Hinweise
Im §16(1) des Hinweisgeberschutzgesetzes findet sich folgende Regelung zum Umgang mit anonymen Hinweisen:
Die interne Meldestelle hat auch anonym eingehende Meldungen zu bearbeiten. Dafür sind Meldekanäle vorzuhalten, welche die anonyme Kontaktaufnahme und die für die hinweisgebende Person anonyme Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und interner Meldestelle ermöglichen.
Anonyme Hinweise dürfen also nicht ignoriert oder gar gelöscht werden, vielmehr müssen sie mit der gleichen Sorgfalt wie nicht-anonyme Hinweise bearbeitet werden. Und genauso wichtig: Es muss sichergestellt werden, dass zwischen einer anonymen bleibenden hinweisgebenden Person und dem Unternehmen bzw. der Dienststelle eine anonyme Kommunikation erfolgen kann.
Hier stellt sich natürlich sofort die Frage, wie man mit einer anonymen Person überhaupt kommunizieren kann. In der Praxis gibt es hierfür zwei Lösungsmöglichkeiten. Erstens ist dies möglich mit einer technischen Lösung, einem sogenannten anonymen Hinweisgebersystem. Ein derartiges System kann bei spezialisierten Softwareanbietern zugekauft werden. Die zweite Lösungsmöglichkeit ist die Einschaltung einer Ombudsperson. Mit dieser Ombudsperson kann die hinweisgebende Person anonym oder nicht-anonym in Kontakt treten. Falls die hinweisgebende Person dies wünscht, wird die Ombudsperson deren Identität dem Unternehmen oder der Dienststelle nicht preisgeben.
Die Pflicht zur Ermöglichung einer anonymen Kontaktaufnahme und Kommunikation gilt ab dem Jahr 2025. Unternehmen und Dienststellen, die aktuell eine interne Meldestelle einrichten, ist anzuraten, bereits jetzt die Anonymitätsanforderungen umzusetzen, damit nicht in später eine Prozessänderung und eine erneute Mitarbeiterkommunikation erforderlich ist. Dies kann durch die Einschaltung einer Ombudsperson sichergestellt werden.
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Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Nach dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), das am 16.12.2022 im Bundestag verabschiedet worden ist, müssen Beschäftigungsgeber mit mehr als 249 Beschäftigten mit Inkrafttreten des Gesetzes eine interne Meldestelle einrichten. Im Rahmen einer Übergangsregelung müssen Unternehmen und Dienststellen mit 50 bis 249 Beschäftigten die interne Meldestelle erst zum 17.12.2023 einrichten. Organisationen mit weniger als 50 Beschäftigten haben keine Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle. Die interne Meldestelle kann auch an einen externen Dienstleister ausgelagert werden. Welche Vor- und Nachteile hat eine Auslagerung?
1. Aufgaben einer Meldestelle
Befassen wir uns zunächst mit den Aufgaben einer internen Meldestelle. Hierzu gehört zum einen das Betreiben der Meldekanäle, über die die Meldungen abgegeben werden können.
Zum anderen prüft die Meldestelle die Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldungen. Sie kontrolliert demnach, ob eine Meldung begründet ist, ob also der eingegangene Hinweis hinreichend konkret und plausibel ist.
Ebenso bestätigt sie der hinweisgebenden Person nach spätestens sieben Tagen den Eingang der Meldung und ersucht diese erforderlichenfalls um weitere Informationen.
Nicht zu vergessen ist, dass zu den Aufgaben einer internen Meldestelleauch das Ergreifen von Folgemaßnahmen gehört. Als Folgemaßnahmen können interne Meldestellen insbesondere interne Untersuchungen bei dem Beschäftigungsgeber oder der Dienststelle durchführen sowie betroffene Personen und Arbeitseinheiten kontaktieren. Eine mögliche Folgemaßnahme kann zudem das Abschließen des Verfahrens aus Mangel an Beweisen sein. Außerdem können die internen Meldestellen das Verfahren an eine zustände Behörde zwecks weiterer Untersuchungen abgeben.
Eine interne Meldestelle hat auch die Aufgabe, dass sie für Beschäftigte klar und leicht zugängliche Informationen über externe Meldeverfahren bereithält. Sie sorgt dafür, dass Beschäftigte auch über die externen Meldestellen, die beim Bund und bei den Ländern eingerichtet werden, informiert sind.
Auch wurde durch den Bundestag beschlossen, dass sich die Meldestellen mit anonymen Meldungen beschäftigen müssen. Dafür sollen die Meldestellen entsprechende Vorkehrungen treffen, um auch eine anonyme Kommunikation zwischen Hinweisgebenden und Meldestellen zu ermöglichen.
Dafür sind ab dem Januar 2025 Meldekanäle vorzuhalten, welche die anonyme Kontaktaufnahme und die für die hinweisgebende Person anonyme Kommunikation zwischen hinweisgebender Person und interner Meldestelle ermöglichen. Dies kann etwa durch technische Vorrichtungen oder die Einschaltung einer Ombudsperson gewährleistet werden.
2. Auslagerung der internen Meldestelle
Laut §14 Hinweisgeberschutzgesetz kann die internen Meldestelle sowohl vom Unternehmen selbst als auch von einem externen Dienstleister betrieben werden kann. Wenn das Unternehmen die interne Meldestelle selbst betreibt, dann werden ihre Aufgaben durch eine beim Beschäftigungsgeber oder der Dienststelle beschäftigte Person oder durch eine interne Organisationseinheit übernommen.
Einem Unternehmen steht jedoch auch die Option offen einen externen Dienstleister mit den Aufgaben der internen Meldestelle zu betrauen. Dies hat mehrere Vorteile:
Zum einen befasst sich eine Meldestelle mit sehr sensiblen Themen, für die z.B. bei der Stichhaltigkeitsprüfung und beim Ergreifen von Folgemaßnahmen viel Fachwissen und Erfahrung erforderlich ist. Hier hat der externe Partner, dessen Hauptaufgabe ja der Umgang mit dieser Thematik ist, deutliche Vorteile.
Zum anderen gibt es auch Fälle, in denen sich die hinweisgebende Person eher an einen Dritten wenden möchte als an eine Stelle im Unternehmen. Diese Personen können dann die von einem Dritten betriebene interne Meldestelle ansprechen und müssen sich nicht an eine staatlich betriebene externe Meldestelle oder gar die Öffentlichkeit wenden.
Nicht zuletzt muss das Unternehmen oder die Dienststelle, sobald es die Aufgaben der internen Meldestelle selbst übernimmt, laut §15 Hinweisgeberschutzgesetz eine qualifizierte Person einsetzten. Diese muss grundsätzlich unabhängig sein, was nicht zwingend bedeutet, dass diese Person sich ausschließlich mit der Thematik der internen Meldestelle befassen muss. Sie darf aber keineswegs einem Interessenkonflikt ausgesetzt sein. Zu beachten ist, dass das Qualifikationserfordernis eine regelmäßige Schulung hinsichtlich der Aufgaben und Betreuung für die beauftragte Person erfordert. Bei der Beauftragung eines externen Dienstleisters fällt diese Schulung selbstverständlich weg. Die Kosten, die für die Schulung der beauftragten Person entstehen, stellen auch einen nicht zu vernachlässigten Aspekt dar.
3. Der Kostenaspekt
Die allermeisten Unternehmen kaufen den technischen Meldekanal bei einem spezialisierten Dienstleister zu. Der größere Kostenblock ist in der Regel aber das Personal, das sich mit den über den Meldekanal eingehenden Meldungen befasst. Wäre das Unternehmen gezwungen zum Betrieb der internen Meldestelle eine neue Person einzustellen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eine Fremdvergabe auch für die Meldungsbearbeitung kostengünstiger ist.
Falls jedoch ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin im Unternehmen beschäftigt ist, der bzw. die noch freie Kapazitäten hat, die Aufgaben der internen Meldestelle mitzuerledigen und auch die erforderlichen Kompetenzen hierzu hat, kann unter Kostenaspekten ein Eigenbetrieb sinnvoll sein. Berücksichtigt werden müssen aber, wie bereits erwähnt, die Schulungskosten.
Zu beachten ist auch, dass durch die Pflicht zur Ermöglichung einer anonymen Kommunikation mit der hinweisgebenden Person ab 2025 in jedem Fall eine geeignete technische Lösung vorzuhalten ist oder eine Auslagerung an eine Ombudsperson erforderlich ist.
4. Zusammenfassung
Auf der Leistungserbringungsseite spricht die notwendige Erfahrung und Spezialisierung eher für eine Auslagerung des Betriebs der internen Meldestelle.
Kostenaspekte können je nach Personalsituation für oder gegen eine Auslagerung sprechen.
Die finale Entscheidung ist also im konkreten Einzelfall zu treffen. Spätestens ab 2025 spricht jedoch durch die Pflicht zur Ermöglichung anonymer Kommunikation vieles für die Beauftragung einer Ombudsperson.
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Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
Ein Bundestagsbeschluss vom 16.12.2022 zum Schutz von Whistleblowern hat am 10. Februar 2023 nicht die erforderliche Zustimmung im Bundesrat erhalten. Es kann daher nicht in Kraft treten.
In der Bundesratssitzung wurden im wesentlichen folgende Punkte kritisch diskutiert:
die Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereiches (für welche Hinweise soll der Hinweisgeberschutz gewährt werden?),
die Pflicht zur Einrichtung eines anonymen Meldekanals,
die Beweislastumkehr bei Sanktionen und
die Geldbuße in Höhe von 20.000€ für die Unterlassung der Einrichtung einer internen Meldestelle
Bundesregierung und Bundestag haben nun die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um mit den Ländern über einen Kompromiss zu beraten.
Zum weiteren Vorgehen äußerte sich Till Steffen, Mitglied im Rechtsausschuss für Bündnis 90/ Die Grünen:
„Die Ampel hält an dem Gesetz fest. In der Ampel haben wir besprochen, dass wir den Gesetzentwurf inhaltsgleich in einer nicht zustimmungspflichtigen Form erneut in den Bundestag einbringen werden und zwar so schnell wie möglich. Am Schutz der Hinweisgerberinnen und Hinweisgeber wird es keine Abstriche geben.“
Hinweisgeberschutzgesetz – Beweislastumkehr bei Sanktionen
Eine hinweisgebende Person erleidet nachfolgend Sanktionen. Wie ist mit Blick auf das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) die rechtliche Situation zu beurteilen?
1. Die bisherige rechtliche Situation
Schon heute gibt es gesetzliche Regelungen, die sicherstellen sollen, dass Beschäftigte ihre Rechte ohne Furcht vor Repressalien durch den Arbeitgeber ausüben können. Im Mittelpunkt steht hier das Maßregelungsverbot gemäß § 612a BGB. Im Hinblick auf das Whistleblowing wägt das Bundesarbeitsgericht (BAG) derzeit ab zwischen dem Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers und dem Interesse der beschäftigten Person an der Meldung eines Fehlverhaltens. Allerdings hat das BAG in diesem Zusammenhang bisher keine klaren Leitlinien statuiert, sondern entscheidet vielmehr im Einzelfall.
Das hat zur Konsequenz, dass die hinweisgebende Person mit einer großen Unsicherheit konfrontiert ist. Es ist für sie nur schwer einzuschätzen, ob die Meldung des Missstands rechtlich zulässig ist oder nicht. Vor diesem Hintergrund wird sich mancher Whistleblower gegen eine Meldung entscheiden.
2. Die künftige rechtliche Situation laut Hinweisgeberschutzgesetz
Im vorliegenden Regierungsentwurf des Hinweisgeberschutzgesetzes wird in §36 das Verbot von Repressalien gegen Whistleblower geregelt. Wörtlich:
„Erleidet eine hinweisgebende Person nach einer Meldung oder Offenlegung eine Benachteiligung im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit, so wird vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie ist. In diesem Fall hat die Person, die die hinweisgebende Person benachteiligt hat, zu beweisen, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basiert oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruhte.“
Das Unternehmen oder die Dienststelle muss also künftig beweisen, dass die Meldung nicht kausal für die Benachteiligung war. Die Beweislast wird somit umgekehrt.
Zusätzlich ist laut §37 HinSchG bei einem Verstoß gegen das Verbot von Repressalien der Verursacher verpflichtet, der hinweisgebenden Person den entstehenden Schaden zu ersetzen.
Während durch diese Regelungen die Rechtssicherheit des Hinweisgebers deutlich erhöht wird, wird es für den Beschäftigungsgeber künftig erheblich schwieriger, Sanktionen gegen Whistleblower zu verhängen.
Diese neue rechtliche Situation ist eindeutig zu begrüßen. Allerdings muss auch eine hieraus resultierende Missbrauchsgefahr zur Kenntnis genommen werden: Beschäftigte können durch Abgabe eines Hinweises künftig erreichen, dass sie nur schwer gekündigt oder versetzt werden können. Dieser Gefahr wirkt zumindest teilweise § 38 HinSchG entgegen. Dort wird geregelt, dass die hinweisgebende Person zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist, der aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen entstanden ist. Zusätzlich wird in §37 klargestellt, dass ein Verstoß gegen das Verbot von Repressalien keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg begründet.
3. Konsequenzen für Unternehmen und Dienststellen nach Sanktionen
In erster Linie sind Unternehmen und Dienststellen natürlich gut beraten, keinerlei Sanktionen gegen hinweisgebende Personen auszusprechen. Ansonsten greift nach § 37 HinSchG die Verpflichtung zum Schadenersatz.
Darüber hinaus erscheint es jetzt noch sinnvoller, eine Dokumentation der Leistungen von Personen zu führen, die künftig eventuell z.B. gekündigt oder nicht einvernehmlich versetzt werden sollen. Nur dann kann in einem nachfolgenden möglichen Arbeitsgerichtsprozess der Nachweis geführt werden, dass die ergriffene Maßnahme nicht auf der Meldung beruht, sondern berechtigte dienstliche Gründe hat.
Martin Walter ist Gesellschafter und Geschäftsführer der Hinweisgebersystem24 GmbH. Er schreibt diesen Blog für Einsteiger und Fortgeschrittene, die sich näher über Hinweisgebersysteme und interne Meldestellen informieren wollen.
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